Gastronomie – quo vadis? Wohl selten war die Frage nach der Zukunft der Branche mit so viel Unsicherheit und Skepsis verbunden, wie im zweiten Corona-Jahr 2021. Trendexperte Pierre Nierhaus macht den pandemiegebeutelten Gastronomen Mut: In seinem kürzlich veröffentlichten Trendreport 2021/2022 hat er zusammengefasst, worauf sich alle, die mit Essen und Trinken professionell zu tun haben, einstellen sollten. Die gute Nachricht: Das Business wird wiederkommen – sogar stärker als zuvor!

„Die Erfahrung aus früheren Krisen wie zum Beispiel der Finanzkrise hat gezeigt, dass nach einem Tief der Aufschwung umso stärker ist“, sagt Nierhaus und prophezeit: „Die Gastronomie – auf die alle so lange verzichtet haben – wird einen Höhenflug erleben. Aber alles wird anders sein mit neuen Konzepten, neuen Player, neuen Orten. F&B wird Attraktion, Anker, Mehrwert und Differenzierungsmerkmal für die Freizeitgestaltung – Shopping, Events, Kultur, Natur – und den Tourismus.“

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Klebstoff der Gesellschaft

In zwei bis drei Jahren wird die Gastronomie laut Nierhaus als „Klebstoff der Gesellschaft“ eine neue Bedeutung erlangt haben. Das gilt auch für Hotels, denn Reisen, Gastronomie und Lifestyle gehören zusammen. „Dieser Wandel wird getragen von der jungen Generation, deren Lifestyle die Gesellschaft zunehmend dominiert und vielfach von den Älteren übernommen wird“, sagt der Experte. 

Für Gastronomen gelte es, gesellschaftliche Megatrends für ihre Konzepte zu nutzen, um die Menschen Mitarbeiter und Gäste mitzunehmen. „Die Pandemie hat auch die Megatrends verändert“, erklärt Nierhaus in seinem Trendreport. „„Global denken, lokal handeln“ gilt mehr denn je. Bezogen auf F&B heißt das: Internationale Gerichte bleiben, werden aber durch regionale Zutaten neu interpretiert und zugleich nachhaltiger.

Der Einfluss der Corona-Pandemie auf diese Megatrends ist laut Nierhaus unübersehbar: „Der Megatrend Konnektivität prescht in den Mittelpunkt. Home Office ist jetzt gelernt. Profiteure sind der Online Handel aber auch die Gastronomie in Form der erstarkten Vertriebskanäle Delivery und Take Away. Die Arbeitswelt ist hybrid. In den Innenstädten und in der Betriebsgastronomie wird weniger, dafür in den Stadtteilen mehr konsumiert. Bäcker werden Gastro-lastiger.“

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Revival des analogen Gastro-Erlebnisses

Eine zentrale Rolle als Bühne für Verbindung und Kommunikation kommt der Gastronomie im Zusammenhang mit dem fortschreitenden Trend zur Urbanisierung zu. „Corona brachte urbanes Leben und Gastronomie zum Erliegen“, führt Nierhaus aus. „Das Zuhause wurde zum schützenden Lebensraum. Selberkochen wurde wiederentdeckt und digitale Gastro-Events wie Verkostungen, Kochkurse via Streaming oder Video hielten Einzug.“ Seine Prognose: „Online-Kommunikation und Vertrieb in die private Küche oder Wohnzimmer hinein werden bleiben, wenn auch die Bedeutung im Zuge des Revivals des analogen Gastro-Erlebnisses zurückgehen wird.“

Die von Corona ausgebremste Mobilität macht den Besuch von Ethno-Restaurants zu einem kleinen Urlaubsersatz. „Tempo raus“ heißt es seit Beginn der Krise auch für das allumfassende Thema Nachhaltigkeit. Hier erwartet Nierhaus, dass zugunsten der persönlichen Sicherheit eine Zunahme der zuvor reduzierten Einzelverpackungen und des Revival des Heizpilzes auftreten werden wahrscheinlich  aber nur vorübergehend. „Generell bleiben Hygiene, Verpackung, Wegführung, Belüftung sowie Terrassen als Sicherheitsfaktoren relevant. Statt in Innenräumen halten sich die Gäste bevorzugt im Freien auf. Das bedeutet neue Abläufe und veränderte Architektur für Gastronomen und Hoteliers.“

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Elf Gastro-Trends identifiziert Nierhaus in seinem Trendreport:

1. Erlebnis wichtiger als Konsum

Das Konsumdenken wird von der Sehnsucht nach Emotion und Erlebnis abgelöst. Dieser Wandel ist eine große Chance für die Gastronomie. Auch im lifestyligen Einzelhandel hat man erkannt, dass Gastronomie notwendig ist, um das Erlebnis rund zu machen.

Der Markt teilt sich auf in die versorgungs- und erlebnisorientierte Gastronomie. Während Versorgung überwiegend tagsüber stattfindet, ist Erlebnis ein Faktor für den Abend. Versorgung schließt Genuss nicht aus, ist aber am Abend ausgeprägter. Konsequenz für die Gastronomen: auf eine klare Positionierung setzen. Mit unterschiedlichen Distributionskanälen spielen: mittags To Go und Delivery mit reduzierter Karte, abends analoges Erlebnis und Genuss im Restaurant und Outdoor-Bereich. Digitalisierung sorgt für Effizienz und Produktivität im Hintergrund. Im direkten Kontakt mit dem Gast bleibt Gastfreundschaft der zentrale positive Erlebnisfaktor – auch beim Abholen von Speisen.

2. Rückkehr zu Einfachheit und Echtheit

Die Einhaltung der Corona-Maßnahmen und der wirtschaftliche Druck führten in vielen Unternehmen zu einer Überprüfung von Angebot, Prozessen und Verkaufsstrategien. Für 2021 wird die Parole lauten: Einfachheit und Echtheit. Einfachheit deshalb, weil nur so Wirtschaftlichkeit möglich ist. Einfachheit bedeutet Reduktion des Angebots, lieber weniger Gerichte aber von höherer Qualität, Fokus auf das Wesentliche, Klarheit in der Positionierung, hohe Flexibilität und schlanke, effiziente Prozesse durch Digitalisierung.

Echtheit heißt hohe Authentizität, Freundlichkeit und Menschlichkeit. Herzliche Gastgeberqualitäten, die Nähe und Verbindung schaffen. „Das funktioniert auch in der gehobenen Gastronomie“, unterstreicht Nierhaus: „Dort heißt der Trend ‚Casual Elegant‘ und steht für die neue Lässigkeit der Sternerestaurants.“

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3. Digitale Transformation geht weiter

2020 hat den entscheidenden Schub in der Digitalisierung gebracht. Selbst die Gastronomen und Kunden, die vorher zögerlich waren, haben dazu gelernt und schätzen die komfortablen Apps für Vorbestellung, Reservierung, Check-In, mobiles Bezahlen bis zur digitalen Speisekarte.

„2021 werden die Gastronomen die Vorteile der Digitalisierung auch wirtschaftlich spüren und sie weiter vorantreiben“, sagt Nierhaus. Webshops für Delivery und Take Away, Video- und Audio-Marketing, Social Media-Kanäle von Instagram, Facebook bis Tiktok bieten vielfältige Möglichkeiten zur Ansprache relevanter Zielgruppen. „Wer Nachholbedarf hat, muss sich sputen: Digital und kontaktlos wird als Vorteil wahrgenommen. Die früheren Painpoints wie langes Warten und aufwändige manuelle Vorgänge werden von den Gästen nicht mehr akzeptiert.“

4. Mittags wird gesnackt

Snacking wird noch mehr das Mittags- und Tagesgeschäft bestimmen. Alles ist schnell, gesund, trendig. Wichtig ist eine praktische, möglichst nachhaltige Verpackung für den Genuss unterwegs und Outdoor. Bowls bleiben angesagt, sie sind die Universallösung für viele schnelle Gerichte. Chancenreich können die leichten Tellergerichte sein, wie man sie als „frokost“ aus Dänemark kennt. Neu ist Porridge als Mono-Konzept oder Angebotsergänzung. Salate, vegetarisch, vegan oder mit Proteinbeilage werden bleiben.

Ebenso Sandwiches, aber interessanter, optisch attraktiver und trendiger: Upgrades, Sauerteig als Basis und Belag mit Ethno-Bezug (französisch, levantinisch, mediterran). Softservice wird Standard. Delivery bleibt wichtiges Standbein. Vending-Maschinen auch mit frischen Produkten – kommen noch stärker in öffentlichen Bereichen und Firmen.

Gewinner beim Mittagsgeschäft sind die schnellen Foodkonzepte, darunter auch viele Start-Ups, Bäcker, Food-Produzenten und der Lebensmitteleinzelhandel. „Das klassische Restaurant hat beim Mittagsgeschäft endgültig an Bedeutung verloren“, schreibt Nierhaus im Trendtreport.

Pierre Nierhaus

Pierre Nierhaus ist als Trendexperte für Hospitality und Lifestyle sowie als Gastro-Unternehmer und Konzeptentwickler in der ganzen Welt unterwegs. Durch seine internationalen Trendreisen und seine engen Kontakte zu Innovatoren, Machern und Unternehmern ist er nah dran an Trends und Innovationen, die er der Branche regelmäßig unter anderem in seinem Trendreport vorstellt. Das 1990 gegründete Pierre Nierhaus Consulting Büro mit Sitz in Dreieich bei Frankfurt ist spezialisiert auf Unternehmens- und Konzeptberatung für die Branchen Hospitality und Lifestyle. Er ist außerdem als Keynotespeaker, Fachbuchautor (zuletzt: „Echt Freundlich – mach dein Projekt erfolgreich“) und Gastdozent aktiv und gefragt. www.nierhaus.com

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5. Nachhaltiger Lifestyle

Nachhaltigkeit und Gesundheit prägen weiterhin das Ernährungsverhalten und den Lifestyle: „Ich bin was ich esse“. Vegetarische und vegane Ernährung ist selbstverständlich geworden mit einer großen Vielfalt an eigenständigen Gerichten. Nach wie vor bilden Flexitarier die größte Gruppe, die sich situations- und stimmungsbedingt für Gerichte mit oder ohne Fleisch entscheidet. Die Relevanz von Plant based und no waste wird weiter steigen, ebenso das Prinzip Farm-to-table. Die Sinnhaftigkeit ist beim Essen dazugekommen: gut für mich, gut für die Umwelt, gut für die Tiere.

Die Zahl der Gäste, die ihre Restaurantwahl an diesen Kriterien ausrichtet, wird weiter zunehmen. Gastronomen und Zulieferindustrie werden diese Entwicklung noch stärker in ihrem Angebot, ihren Produkte, bei der Produktentwicklung und in ihrer Kommunikation aufgreifen. Sie bekennen sich damit zu ihrer Verantwortung für die Zukunft des Planeten.

Nierhaus trendreport
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6. Internationale Foodtrends ersetzen Urlaubsreise

Das Interesse an internationalen Foodtrends bleibt weiter hoch. Für konstant neues Futter sorgen die Medien und die weltumspannende Foodcommunity. Im Lockdown ersetzt Global Food das echte globale Abenteuer und Eintauchen in fremde Kulturen. Die Levante-Küche aus dem östlichen Mittelmeerraum bleibt angesagt und wird massentauglich. Geschmacksintensiv, wandelbar, mit hohem Gemüseanteil und bunter appetitlicher Optik hat sie beste Voraussetzungen zur Lieblingsküche. Asiatisch ist ein Dauerbrenner mit der Thai-Küche vor Vietnam und Singapur. Im Trend bleiben die Küchen Südamerikas u.a. mit Ceviche oder Poké aus Hawaii. Die orientalische Küche aus der Türkei und Indien hat ihre Fans. Die afrikanische Küche bleibt in der Nische.

„Einfachheit bedeutet Reduktion des Angebots, lieber weniger Gerichte aber von höherer Qualität, Fokus auf das Wesentliche, Klarheit in der Positionierung, hohe Flexibilität und schlanke, effiziente Prozesse durch Digitalisierung.“

Pierre Nierhaus

Trendexperte

Alle Küchenstile bieten Inspirationen und Chancen, das eigene Angebot immer up-to-date zu halten, wichtig vor allem für Szenerestaurants. „Gastronomen sollten internationale Food- und Lifestyle-Trends nutzen, aber für das eigene Konzept adaptieren und exotische durch regionale Produkte ersetzen“, rät Nierhaus. Gegentrend bleibt die Traditionsgastronomie mit typischen Gerichten, Produkten und Aromen und dem Zuhause-Gefühl.

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7. Getränketrends: Alkohol light oder zero alcohol

2021 dominiert ein Thema bei den Getränken: Alkohol light. Gastronomisch nutzbar für Aufbau und Pflege einer Apéro-Kultur auf Basis von Sprizz-Getränken. Bars setzen auf leichte Cocktails, Highballs und Signature Drinks. Gin bleibt ein Thema, ebenso Liköre, gerne leicht bitter durch Kräuterzusätze. Ganz ohne Alkohol arbeiten die so genannten Sober Bars, ein Trend aus England. Hotspot hierzulande ist Berlin, u.a. mit dem Restaurant Rutz (alkoholfreie Menübegleitung) und Zeroliq (alkoholfrei und vegan). Drinks mit Cannabidiol-Zusätzen haben aufgrund ihrer entspannenden Wirkung Trendpotenzial.

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Der Rückzug ins Private führte dazu, dass im letzten Jahr Zuhause mehr gegessen und getrunken wurde. Im Jahr 2020 stieg der Weinkonsum um 0,6 Liter Wein pro Kopf: 20,7 Liter Wein genoss der Bundesbürger im Durchschnitt. Der Bierkonsum ging von 99,7 auf 95 Liter pro Kopf zurück und wird erst bei Öffnung der Gastronomie wieder steigen.

Der Trend bei alkoholfreien Getränken geht zu kalorienarm, raffiniert und exotisch. Selbstgemachte Limonaden und Smoothies bleiben. Saftbars haben sich etabliert. Die Zutaten sind bevorzugt nachhaltig und aus der Region.

7. Craft: Manufaktur-Qualität überzeugt

Craft bleibt angesagt: Food with a storyund hochwertige, von Hand gefertigte und präsentierte Produkte (edler Käse, Craft-Bier, besonderes Brot, Brötchen und Backwaren) und frisch zubereitetes Streetfood. Streetfood ist die mobile Plattform für Spezialisten, die meist nur ein oder wenige Gerichte anbieten, häufig nach eigenen Rezepturen, anbieten. Kaffee wird noch vielfältiger mit Special Blends, Kaffee-Alkohol- Kreationen und mit Flatrates als Marketingidee. Handwerkskunst genießt hohen Stellenwert bei Gästen, die Wert auf hohe Qualität und Individualität legen. Der Manufaktor-Faktor erweist sich als konstanter Erfolgsfaktor. Craft hat mehr Story und Emotion als Bio.

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9. Delivery und To Go auch in neuen Varianten

Delivery und To Go sind vielfältiger, emotionaler und im Prozess digitaler geworden. Während des ersten Lockdowns mitunter überschätzter Rettungsanker, wurde Delivery im zweiten Lockdown mit Angeboten wie Gans to Go, Dinner aus dem Sternerestaurant usw. erwachsen. Das New Yorker Trendrestaurant TAO verkaufte Silvesterpakete mit Entertainment für 600 US Dollar das Stück.

Als zusätzliches Standbein mit Potenzial für Stammgastmarketing und regionales Marketing wird Delivery / To Go bleiben. Weltweite Zahlen zum Delivery Markt liefert eine Studie der NPD Group: Während der Geschäftsanteil vor Corona bei 31 Prozent lag, während des Lockdowns auf 42 bis 45 Prozent stieg, wird er sich nach Corona bei 37 bis 40 Prozent einpendeln.

Ghost Kitchens

Liefer-Küchen ohne Restaurantanschluss erhöhten ihren Marktanteil international, sind aber in Deutschland noch nicht richtig angekommen. Variationen sind z.B. kitchen unitedin den USA und Deliveroo Editionsin Großbritannien zur Versorgung von Stadtteilen mit wenig Restaurants. Ein heißes Eisen sind die hohen Provisionen der Lieferdienste, so dass nach Alternativen gesucht wird.

In den USA wurde der Curbside Service geboren: Das Personal liefert an die Bordsteinkante vor dem Restaurant. Hierzulande sind neue einfach zu bedienende Online-Shops auf dem Markt, mit denen der Gastronom Bestellung, Bezahlung und Lieferung über seine eigene Website abwickelt. Aus Rentabilitätsgründen wird der Direktverkauf in der Gastronomie weiter zunehmen.

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10. Wertschätzung: Mitarbeiter First

Bereits Virgin-Gründer und CEO Richard Branson sagte: “Put your staff first, customer second and shareholder third”. Für ihn waren Wertschätzung und gute Arbeitsbedingungen die wichtigsten Faktoren für glückliche Mitarbeiter. Die Gastronomie ist der ideale Nährboden für die Erkenntnis von Branson. Obwohl auf dem Arbeitsmarkt derzeit mehr Personal verfügbar ist, obliegt den Gastronomen die Pflege ihrer Teams durch Anerkennung, Menschlichkeit und einen mitarbeiter-zentrierten Führungsstil. Aktuell herrscht bei vielen Mitarbeitern Verunsicherung, etliche wandern ab und rund ein Viertel weniger Ausbildungsplätze werden besetzt. Quereinsteigern bieten sich Chancen, auch in der Küche durch fokussierte Qualifikation. Köche werden zunehmend zu Koordinatoren und Managern systematisierter Abläufe, Trainern und Kommunikatoren.

„Handwerkskunst genießt hohen Stellenwert bei Gästen, die Wert auf hohe Qualität und Individualität legen. Der Manufaktor-Faktor erweist sich als konstanter Erfolgsfaktor. Craft hat mehr Story und Emotion als Bio.“

Pierre Nierhaus

Trendexperte

11. Design wird nachhaltig und gemütlich. Neuer Trend: Dining Alone Together

Grünes Design ist weiter auf dem Vormarsch. Pflanzen beleben Innenräume, verbessern das Raumklima, schaffen eine natürliche Atmosphäre und sind Raumteiler. Besonders geeignet für die angesagten Outdoor-Bereiche, wo sie eine Atmosphäre von lichter Geschlossenheit schaffen.

Design wird nachhaltig: klimaneutrales Bauen, energieoptimierte Gebäudetechnik und recycelte Materialien. Das Trendthema Hygge bleibt. Die Atmosphäre ist farbenfroh, optimistisch, warm mit positiven Bildern. Socializing mit Abstand wird Trend: die Bar ohne Tresen, Dining Alone Together in schön gestalteten abgetrennten Sitzgruppen. Kontaktlose Prozesse (Türen, Toiletten, Bestellen, Bezahlen) werden zum Standard, begleitet von einer durchdachten Wegeführung.

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Blick auf die Nachbarbranchen

Bleibt der Blick über den Tellerrand auf die Nachbarbranchen Handel, Food-Handwerk und Hotellerie: Letzterer prophezeit Nierhaus im Trendreport die Zunahme von Mixed Use-Konzepten und Apartmenthotels, die durch ihren Wohnungscharakter mehr Rückzugsmöglichkeit und minimale Kontakte versprechen. „Der Trend zum Hotel als Lebensraum bleibt. Mit Konzepten wie Open Lobby, Open Workspace und ‚Meet the Locals‘ werden Hotels zum Hotspot und entsprechen den Anforderungen der mobilen, digitalen Reisenden.“

Nierhaus erwartet außerdem, dass die Grenzen zwischen Handel und Gastronomie weiter verschwimmen werden: „Einkaufen allein löst nicht mehr die frühere Befriedigung aus. Für Emotionen und den Wohlfühlcharakter ist die Gastronomie zuständig, die den Kunden Erlebnisse in Form von Genuss, Entertainment, Entspannung bietet. Die großen Einkaufszentren haben sich auf die gewandelten Bedürfnisse eingestellt und erhöhen den Flächenanteil der Gastronomie von früher unter 5 Prozent auf jetzt 8 bis 10 Prozent, in manchen Fällen sogar auf 15 bis 20 Prozent. Sie wandeln sich zu Genusszentren mit eindrucksvollem Design, natürlichen Materialien, Komfort und professioneller Sicherheit. Die Gastronomie wird zum Besuchsgrund.“ 

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Bäcker werden wichtigste Snack-Anbieter

Zu den Gewinnern der Pandemie-Krise gehören seiner Ansicht nach auch die Bäcker, vor allem die Standorte in den Stadtteillagen: „Die City- Bäcker verlieren Marktanteile, während die Bäcker in den Stadtteilen dazu gewinnen und sich zu den Nahversorgern der Zukunft entwickeln mit höchstem Potenzial im Snackbereich. Zieht man die große Anzahl von Bäckereien in Betracht, werden die Bäcker zukünftig zum wichtigsten Snackanbieter überhaupt. Gastro-Bäcker haben große Zukunftschancen, vor allem wenn sie sich für Trends und neue Produkte öffnen, mutiger werden und mehr Lifestyle zulassen.

Ungewisse Zukunft für Gemeinschaftsverpflegung

Und die Betriebsgastronomie? Sie zählt laut Nierhaus als Ausdruck der Wertschätzung der Mitarbeiter zum Employer Branding von Unternehmen. „Kantinen wandelten sich zu Restaurants. Durch die Veränderung der Arbeitswelt mit weniger Mitarbeitern am Unternehmensstandort wird das Modell der stationären Kantine einer Überprüfung unterzogen. Die Contract Caterer entwickeln neue Verpflegungsmodelle und forcieren die Digitalisierung, um Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Nachhaltigkeit zu erhöhen. Einige wandeln sich zum Generaldienstleister für Unternehmen.“

Gleichzeitig steigt der Anspruch an Flexibilität in Form von Snacks und Zwischenverpflegung. „Zunehmend wird mehr direkt am Arbeitsplatz konsumiert“, sagt Nierhaus. „Bestellt wird digital, dann wird geliefert. Die Online-Kantine wird zur Alternative der Onsite-Kantine, auch für kleinere Unternehmen und Bürogemeinschaften.“ Während die Betriebsverpflegung, aber auch Schul- und Kindergarten-Catering sehen einer ungewissen Zukunft entgegen wird das Event Catering dem Experten zufolge mit veränderten Anforderungen wieder durchstarten, sobald Feiern und Feste wieder möglich sind. „Ähnlich wie beim Reisen herrscht hier Nachholbedarf!“

Der vollständige Trendreport ist hier abrufbar.

Alle Fotos: Copyright Pierre Nierhaus