Während draußen das Winterwetter den Verkehr lahmlegt, ist in deutschen Haushalten, Restaurants und Supermärkten unübersehbar Veganuary. Der Januar als Monat für den rein pflanzlichen Start ins neue Jahr hat sich längst etabliert und wird gefühlt jedes Jahr größer, was die Zahl der Teilnehmer, Sortimente und Marketingaktivitäten angeht. Hoch-Zeit also für Unternehmen, die sich auf die Herstellung tierproduktfreier Alternativen spezialisiert haben. Eines davon ist das Berliner Start-up wunderfish, das es mit seinem „Thunfisch“ aus Algen unter der Marke BettaFish sogar bis in die Bordgastronomie der Deutschen Bahn geschafft hat. 

BettaFish-Gründerin Deniz Ficicioglu, Co-Gründer Jacob von Manteuffel und ihr Team aus Produktentwicklern und Köchen haben sich Großes vorgenommen. Sie wollen Produkte aus Algen als nachhaltige, gesunde und rein pflanzliche Alternative fest im Food-Markt etablieren. „Meeresalgen liefern authentischen Meeresgeschmack und wichtige Nährstoffe, kommen ohne Ressourcen wie Ackerland, Süßwasser, Dünger oder Pestizide aus und helfen unserem Ökosystem, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Sie sind ein sogenanntes Good Impact Food“, fasst die Marketinverantwortliche Thao Trinh die Vorteile des Rohstoffs zusammen. „Meeresalgen sind eine Win-Win-Situation für alle!“

Dem Original sehr ähnlich

Bettafish hat daraus „Tu-nah“ entwickelt, eine dem Original sehr ähnliche Alternative zu Dosenthunfisch, die es auch als Brotaufstrich, Feinkostsalat oder Pizzabelag bereits in verschiedenen Retail-Kanälen zu kaufen gibt.

BettaFish

BettaFish-Gründerin Deniz Ficicioglu arbeitete nach ihrem Studium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste im Food-Innovation Hub „Hermann’s“. Dort beschäftigte sie sich mit Meeresalgen und deren Potential als nachhaltiges Lebensmittel. 2020 gründete sie mit Jacob von Manteuffel das Start-up wunderfish. Unter der Marke BettaFish ist die pflanzliche Alternative zu Thunfisch aus Algen bereits in sieben europäischen Ländern vertreten. 

In der Gastronomie kommt Tu-nah zum Veganuary unter anderem bei der Italo-Kette L’Osteria und bei Pizza Hut auf den Teller sowie seit Kurzem auch als Sandwich-Belag an Bord der Deutschen Bahn. Die Algen für Tu-nah stammen von Farmen und aus Wildernte in Irland und Norwegen, wo Bettafish Fischern, die vom Fischfang nicht mehr leben können, eine neue Einkommensquelle erschlossen hat. „Algen sind sehr regenerativ“, ergänzt Trinh, „wenn wir sie bei der Ernte an der Wurzel abschneiden, wächst sie schnell nach.“

Verbraucher im Westen fremdeln noch

Anders als in Asien, wo Algen seit jeher zum Speiseplan gehören, stehen die Menschen in den westlichen Industrienationen Algen häufig noch skeptisch gegenüber, weiß Trinh. „Unser Tu-nah und andere alternative Fischprodukte sollen helfen, das zu ändern.“  Thao Trinh vergleicht den Prozess mit der Erfindung des Kaffees: „Irgendwann ist jemand auf die Idee gekommen, das Innere der Kaffeekirsche zu rösten, zu mahlen und mit heißem Wasser zu übergießen. Daraus wurde das beliebteste Getränk der Welt. Warum sollte die Alge nicht eine ähnliche Karriere machen?“ Zumal sie nach Angaben von BettaFish deutlich gesünder ist, als Thunfisch, der während seines Lebens im Meer zahlreiche Giftstoffe in seinem Körper aufnimmt, die dem Menschen schaden können.

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Die Algen für die BettaFish-Produkte werden in Irland wild gesammelt und in Norwegen in Farmen angebaut. Fotos: BettaFish

Stattdessen enthalte Tu-nah, zu dessen Herstellung außerdem Erbsen, Ackerbohnen und Rapsöl verwendet werden viele natürliche Proteine, Mineralien, natürliches Jod und Omega 3-Fettsäuren, hebt Trinh hervor. „Wir verzichten außerdem bewusst auf weitgereiste Rohstoffe und beziehen alle unsere Rohstoffe aus nachhaltigen Quellen.“ Last but not least lässt sich Tu-nah genauso verwenden, wie das tierische Pendant, von dem das Start-up inzwischen mehr als 30.000 Fische „gerettet“hat. 

Die Deutsche Bahn ist überzeugt von BettaFish

Die Summe der positiven Produkteingenschaften hat schon mehrere Händler und auch Gastronomen überzeugt. John Schlüter, Vice President Marketing & Communications der FR L’Osteria SE, freut sich über die 2022 gestartete Zusammenarbeit: “In unseren Restaurants ist jeder Gast herzlich willkommen. Es ist uns daher ein großes Anliegen auch für unsere veganen Amici ein attraktives und vor allem genussvolles Angebot zu schaffen. Mit BettaFish haben wir einen Partner gefunden, der nicht nur eine hervorragende pflanzliche Alternative zu Thunfisch anbietet, sondern auch zu den Vorreitern in diesem Segment zählt.” 

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Bettafish

Aktuell arbeitet wunderfish unter anderem mit dem Fraunhofer Institut zusammen, um weitere Einsatz- und Verarbeitungsmöglichkeiten für die Algen zu erforschen. „Wir wollen herausfinden, wie wir die Qualität und den Mehrwert unserer Produkte weiter verbessern können“, verrät Trinh, „und wie wir die Alge als Zutat für die Lebensmittelindustrie noch besser nutzen können.“ Dabei tauscht sich das Start-up auch mit anderen Unternehmen aus, die mit Algen arbeiten. „Wir alle haben dasselbe Ziel: die Alge als nachhaltigen Rohstoff für die unterschiedlichsten Produkte in den Fokus des Bewusstseins zu rücken.“

bettafish

„Warum sollte die Alge nicht die gleiche Karriere machen wie der Kaffee?“

Thao Trinh

Marketing, BettaFish

Pre-Packed Sandwiches für Retail und Foodservice

Den weiteren Weg von BettaFish in die Gastronomie soll die Präsenz bei zahlreichen Großhändlern ebnen. Im Fokus steht hier nicht nur der Thunfisch-Ersatz als Zutat für Pizzen, Salate, Bowls oder Sushi, sondern auch die Pre-packed-Sandwich-Range. Auch als Zulieferer für die Industrie will man sich verstärkt positioneren. „Das Thema B2B wird im kommenden Jahr an Relevanz für uns zunehmen“, kündigt Thao Trinh an. 

BettaFish-Alternative zu Pulled Lachs

Dafür sind neue Produkte in der Pipeline: Momentan arbeitet das Team an einer Lachsalternative, die voraussichtlich vom Sommer 2024 an erhältlich sein soll. „Dabei bleiben wir unserem Format treu und konzentrieren uns zunächst auf pflanzlichen ‚Pulled Lachs‘, weil wir hier das größte Potenzial sehen“, so die Marketingleiterin.

In Kürze soll auch erstmals ein Seaweed NPS Score messen, wie zufrieden die Kunden mit den BettaFish-Produkten sind und ob sie sie gerne weiterempfehlen. „Damit wollen wir herausfinden, wie hoch die Akzeptanz von Algen im Markt inzwischen ist und welche Fragen der Konsumenten wir noch besser beantworten müssen. Denn wir sind überzeugt: Meeresalgen gehören auf jeden Teller.