Nach dem überraschenden Ausstieg von Michael Käfers Käfer Capital als Investor bei seiner gastro & system GmbH vor wenigen Wochen hat der Münchner Gastronom Marc Uebelherr bereits zwei neue Partner an seiner Seite: Kürzlich gab der Unternehmer gemeinsam mit Jörg Lindner und Kai Richter bekannt, dass deren Düsseldorfer Unternehmensgruppe 12.18. 50 Prozent der Anteile seinem Münchner Gastro-Imperium übernommen hat. Der Kaufpreis wurde nicht genannt. Gemeinsam will man nun einerseits die Uebelherr-Konzepte, allen voran die italienische Fast-Casual-Marke OhJulia, ausrollen und weiterentwickeln. Gleichzeitig soll Uebelherrs gastronomische Expertise helfen, die Restaurants in den Hotels und Resorts der 12.18.-Gruppe – unter anderem auf Sylt und Ibiza – mit innovativen Ideen voranzubringen. Wir haben mit Marc Uebelherr über die Hintergründe und Strategien der Kooperation gesprochen.
Mit der 12.18.-Gruppe ist kürzlich ein Investor bei Gastro & System eingestiegen, der bisher vor allem als Projektentwickler für touristische Objekte in Erscheinung getreten ist. Warum fiel Ihre Wahl auf Kai Richter und Jörg Lindner?
MU: Ich habe einen Partner gesucht, der für Innovationen steht und über den Tellerrand hinaus denkt. Beides trifft auf Kai Richter und Jörg Lindner zu. Schon an ihren Objekten lässt sich ablesen, dass sie Dinge anders machen. Es war ein bisschen Liebe auf den ersten Blick, wir haben den gleichen Spirit: 12.18. in der Hotellerie, ich in der Gastronomie. Wir essen alle drei gerne, wir feiern gerne, wir arbeiten gerne. Die Art, wie wir Innovation sehen, passt sehr gut zusammen. Ich möchte einfach in der Zukunft mit Menschen zusammen arbeiten, mit denen man Spaß haben kann und auch mal so sein darf, wie man ist. Ohne Konzern-Korsett, wo man ununterbrochen kontrolliert wird und nur Probleme gewälzt werden.
Zur Pressekonferenz luden Jörg Lindner, Marc Uebelherr und Kai Richter (v.l.) ins Hotel Stadt Hamburg auf Sylt, das die 12.18.-Gruppe im vergangenen Jahr übernommen hat. Foto: 12.18
Kam der Ausstieg von Käfer also gerade recht?
MU: Wenn man es genau nimmt, ja. Das Verhältnis zu Michael Käfer ist nach wie vor sehr gut, wir haben sehr viel voneinander gelernt und uns sauber getrennt, weil er sich mit Käfer Capital neu aufstellen möchte. Für mich waren die beiden gemeinsamen Jahre sehr prägend. Aber letztendlich sind wir zwei Alpha-Tiere, es ist in Ordnung, dass wir auseinander gehen. Was die Lust auf Innovation betrifft, glaube ich, dass 12.18. besser zu mir passt.
Wir waren schon länger in Gesprächen, dass es jetzt so schnell ging, darüber bin ich sehr froh. Der Zeitpunkt, gemeinsam Oh Julia auszurollen und mit meiner Gastro-Kompetenz die Resort-Restaurants weiterzuentwickeln, ist perfekt. Ich brauche einfach Spaß und Dynamik, um kreativ zu sein. Wenn zu viele Leute mitreden, tue ich mich scher, mich zu entfalten. Kai und Jörg lassen mich los, ich kann meine Ideen umsetzen.
Eine Beteiligung von 50 Prozent bedeutet aber auch, dass immer gemeinsam entschieden werden muss. Sind Sie drei sich immer einig?
MU: Die Prozente sind nicht das Wichtigste. Das ist wie in einer Ehe: Entweder man versteht sich oder eben nicht. Wenn man sich nicht versteht, funktioniert es nicht, ganz egal, wie die Prozente verteilt sind. Wir wollten auf Augenhöhe sein.
Wir haben Absprachen getroffen, dass OhJulia in meinen Händen bleibt und auch das Thema Innovation und Weiterentwicklung unter meiner Regie stattfindet. Natürlich können Ideen von Kai und Jörg jederzeit einfließen, aber sie wissen: Die Innovationen im Gastgewerbe kommen heute in der Regel aus der Gastronomie.
Die beiden führen weiterhin ihre Hotelprojekte. Hier habe ich eine beratende Rolle, damit sie Fehler, die wir schon gemacht haben, nicht wiederholen. Ich bin überzeugt, dass die Synergien beide Seiten befruchten. 12.18. gibt mir die Sicherheit und kann die Finanzierungen, die wir vorhaben, stemmen. Ich mache die Kreativarbeit. Das ist das, was ich kann. Dinge, die ich nicht kann, überlasse ich lieber anderen.
Welche Rolle spielt Elior als großer Lizenzpartner von OhJulia?
MU: Wir haben im Dezember unseren ersten gemeinsamen Standort im Center Parc Nordseeküste eröffnet. Er funktioniert ganz wunderbar. Elior ist ein sehr starker Partner auf Augenhöhe, der die Marke mit uns zusammen weiterentwickelt. Es macht irre Spaß, auf der Franchise-Geber-Seite zu sein, ein Konzept gemeinsam zu etablieren.
Das italienische Konzept ohJulia ist zurzeit an drei Standorten vertreten: in München, hier in Mannheim und in Stuttgart. Foto: OhJulia
Wird sich etwas an der Struktur von Gastro & System ändern?
MU: Das Herzstück, die Verwaltung, bleibt bei mir. Wir haben viele spannende Aufgaben vor uns. Das funktioniert nur mit einem starken Team. Ich baue gerade einen kompetenten Mitarbeiterstamm für die zukünftigen Herausforderungen auf. Gemeinsam mit 12.18. sind wir eine große, schlagkräftige Mannschaft.
Was können Sie Ihrerseits von den Hoteliers lernen?
MU: Was ich nicht mehr lernen muss, ist Dienstleistung. Schließlich ist der Kunde auch in unseren Gastronomie-Betrieben sehr, sehr wichtig. Aber das Hotelbusiness kenne ich bisher nur als Gast. Hotel und Gastronomie müssen sich verstehen, aufeinander eingehen. Ein Stand-alone-Restaurant funktioniert anders als eine Hotelgastronomie. Wir können hier gegenseitig in vielerlei Hinsicht voneinander profitieren. Ich wollte immer schon mal ein Hotel haben – vielleicht klappt es ja auf diesem Weg?
Fast Casual mit System: Mit OhJulia will Marc Uebelherr vom Individual- zum Systemgastronomen werden. Foto: OhJulia.
Gibt es schon konkrete Pläne, wie sich die Partnerschaft in neuen Betrieben niederschlagen wird?
MU: Ja, es steht bereits fest, dass wir in dem von 12.18. entwickelten Maremüritz Yachthafen Resort & Spa in Mecklenburg-Vorpommern 2020 ein OhJulia eröffnen werden. Die Planung läuft. Über zwei weitere Standorte in München sind wir zurzeit in Verhandlungen, ebenso über einen in Stuttgart. Dabei geht es um OhJulia-Stand-alones. Parallel bereiten wir für 12.18. im neuen 7Pines Resort auf Sardinien einen Beach Club vor. Das ist für mich ein toller Einstieg, weil ich einerseits in der italienischen Küche zu Hause bin, viel Know-how, gerade auch im F&B-Bereich, einbringen kann. Gleichzeitig kann ich auf meine Erfahrungen aus Pacha-Zeiten und aus dem P1 zurückgreifen. Ich weiß, wie man gute Clubs macht. Das Ganze mit Essen zu verbinden, ist ein Traum!
Ich habe mir alle 12.18.-Objekte angesehen, die Mitarbeiter kennen gelernt, mit den Managern gesprochen. Dort gibt es bereits tolle Leute. Jetzt müssen wir das bisher Geleistete zusammenbringen und optimieren. Kai, Jörg und ich reisen viel gemeinsam, schauen uns neue Trends an. Auch mit dem Leaders Club bin ich viel unterwegs, vergangenes Jahr zum Beispiel in Tel Aviv. Dort habe ich vieles gesehen, das wir noch nicht haben, wie Sharing-Konzepte oder tolle vegane Küche. Am Ende muss das Operative natürlich vor Ort umgesetzt werden. Ich werde ja nicht täglich dort sein können. Die Herausforderung heißt, Formate zu entwickeln, die gut strukturiert sind, und die Verantwortlichen zu finden, die sie lenken und leiten können.
Zieht Oh Julia dann auch in Luxushotels ein? Passt das konzeptionell zusammen?
MU: Es kann passen wie in Maremüritz, wenn die Resorts sehr familienorientiert sind. In den großen Fünf-Sterne-Resorts sind weniger Familien, dort könnte es dann eher ein KOI geben, eine Brasserie, ein Steakhouse-Konzept mit Robata-Grill oder eine Sushi-Bar. Wir werden nicht nur meine Münchner Konzepte nutzen und weiterentwickeln, sondern auch neue.
Der Traum von der eigenen Gastronomie-Marke: OhJulia! soll weit über die Grenzen Münchens hinaus wachsen. Foto: OhJulia
Baut Gastro & System dann auch eine klassische Franchise-Zentrale auf, um OhJulia auszurollen?
MU: Das wissen wir noch nicht und müssen erst einmal abwarten, wie sich der Roll-out entwickelt, wie schnell wir vorankommen. Aus den bisherigen Eröffnungen haben wir zahlreiche Learnings mitgenommen und uns teilweise auch neu positioniert.
Welche Learnings waren das?
MU: Zum Beispiel, dass nicht alle Menschen in allen Städten gleich ticken. In München sind wir, was die Ausgabebereitschaft unserer Gäste angeht, sehr verwöhnt. Das sieht in kleineren Städten schon anders aus, es gibt eine höhere Sensibilität. Darauf müssen wir auch als System in der jeweiligen Stadt eingehen. Man darf nicht steif sein Konzept durchziehen. Am Ende müssen aber immer die Dienstleistung und die Qualität stimmen, um langfristig zu den Gewinnern zu gehören.
Ist das schwieriger, wenn man als Gastronom lange Zeit nur in einer Stadt, in Ihrem Fall München, aktiv war und nun in anderen Städten mehr oder weniger Neuland betritt?
MU: Ja, natürlich, man hat zwar einerseits viel Erfahrung, muss aber bereit sein, viel dazu zu lernen. Aber das passt zu mir. Ich bin ja tatsächlich recht sprunghaft, mache gerne viele verschiedene Sachen, habe zahlreiche Dinge ausprobiert. Aber eines wollte ich immer: eine multiplizierbare Marke etablieren, die funktioniert. Gleichzeitig bleibe ich auch der Indiviualgastronomie treu. Eine eher seltene Kombination, ich weiß, aber die Chance ist jetzt einfach da. Ich freue mich darauf!
Gastro & System
Marc Uebelherr ist seit mehr als 20 Jahren in der Münchner Gastronomie eine feste Größe. Zu seiner gastro&system GmbH zählen aktuell OhJulia-Restaurants in München, Mannheim, Stuttgart sowie im Center Parc Nordseeküste, außerdem das Le Copain in der Hofstatt und Ocui bei BASF in Ludwigshafen. Daneben hält Uebelherr über die Beratungsgesellschaft Uebelherr Consulting Beteiligungen u.a. an den Betrieben Koi, Fugazi, Oskar Maria, Rokka Rivera, Salon Pitzelberger und gast. Die gastro & system erzielte 2018 gastronomische Umsätze in Höhe von 28,0 Mio. €. netto.
12.18. Investment Management
Als Experten für hochklassige touristische Investments betreut die 12.18. Investment Management GmbH aktuell 32 Objekte mit einem Investmentvolumen von rund 280 Mio. € und mehr als 1.600 Mitarbeitern in Europa. 12.18. bildet dabei die gesamte Wertschöpfungskette ab: Von der ersten Standortbesichtigung und Wirtschaftlichkeits-berechnung über die weitere Planung, Konzeptionierung, Finanzierung und Ausführung eines Projekts bis hin zum Betrieb bzw. Vertrieb bietet das Unternehmen alles aus einer Hand.
Geschäftsführende Gesellschafter sind Kai Richter und Jörg Lindner. Im August 2016 gründeten sie die 12.18. Hotel Management GmbH mit Sitz in Berlin aus, die seither die strategische und operative Leitung der eigenen Hotelobjekte verantwortet. Die ebenfalls zur Unternehmensgruppe gehörende 12.18. Vermögensmanagement GmbH ist für den Vertrieb der erworbenen Immobilien verantwortlich.
Neuestes Projekt der 12.18. Unternehmensgruppe ist das derzeit an der Costa Smeralda entstehende 7Pines Resort Sardinia, das nach dem im Sommer 2018 eröffneten Resort auf Ibiza als zweiter Standort der Luxushotelmarke „7Pines Hotels & Resorts“ fungiert. Das Resort wird künftig 77 Suiten sowie fünf Privatstrände inmitten einer weitläufigen Parkanlage umfassen.
Barbara Schindler entdeckte schon früh ihre Lust am Schreiben. Mit 16 stand für sie fest: Ich will das Geschichtenerzählen zum Beruf machen, werde Journalistin. Mit einem Studium der Musikwissenschaft, Anglistik und Romanistik orientierte sie sich in Richtung Feuilleton, landete dann aber nach einigen Umwegen beim Fachjournalismus mit Schwerpunkt Gastronomie. Seither berichtet sie – zunächst als festangestellte Redakteurin bei der Fachzeitschrift Food-Service, seit Sommer 2018 freiberuflich – über alle Aspekte der Branche. Barbara Schindler ist verheiratet und lebt in Frankfurt am Main.