Unsere Zeit ist komplex und kompliziert. Das gilt nicht nur für die Weltpolitik, sondern auch für den in den vergangenen Jahren zu einem Lifestyle-Faktor herangewachsenen Stellenwert des Essens. So viele Möglichkeiten, so viele Trends, so viele Regeln und mitunter auch Gewissensbisse. Da kommt ‚Simple‘, das neue Kochbuch des israelischen Starkochs Yotam Ottolenghi genau richtig. Es feiert die Einfachheit und Unangestrengtheit in der Küche mit Rezepten zum Genießen mit Freunden und Familie. Also das, wonach wir uns alle sehnen: stressfreie Geborgenheit.

Dabei ist Ottolenghi ja selbst Ikone eines neuen Hypes: Die Levante-Küche, die der in Jerusalem aufgewachsene Sohn eines Italieners und einer Deutschen in seinen Londoner Restaurants und Delis zelebriert, gilt als der nächste große Trend der Food-Szene: aufregend anders, abwechslungsreich, gesund und vor allem ideal zum Teilen und zum kommunikativen Beisammensein.

Das Trend-Food der Zukunft eint für Ottolenghi Globalisierung und regionale Küche, wie er der Zeitschrift Madame kürzlich verriet. „Es ist wunderbar, mit einer bunt zusammengewürfelten Gesellschaft am Tisch zu sitzen, mit asiatischer Sojasauce wie mit orientalischer Tahini zu würzen.

Genauso schön ist es, immer zur gleichen Zeit am gleichen Ort mit den gleichen Leuten einfach zusammen zu essen. Die Welt wird immer komplizierter, deshalb wird Letzteres sogar noch wichtiger werden, davon bin ich überzeugt.“

Keep it S, I, M, P, L, E

„Wenn Freunde und Familie zum Essen bei uns sind, sieht alles unangestrengt und einfach aus“, erklärt Ottolenghi im Vorwort zu ‚Simple‘. „Weil wir herausgefunden haben, wie wir für uns das Kochen entspannend und unbeschwert gestalten.“ Für die 120 enthaltenen Rezepte gelten daher sechs Regeln, die auch ungeübten Köchen die Zubereitung so einfach wie möglich machen sollen (und die in der deutschen Übersetzung leider nicht die Anfangsbuchstaben S, I, M, P, L und E haben).

  1. S (short on time): Schnell fertig.
  2. I (10 ingredients or less): Nicht mehr als 10 Zutaten.
  3. M (make ahead): Lässt sich vorbereiten.
  4. P (pantry): Aus dem Vorrat.
  5. L (lazy): Macht sich fast von allein.
  6. E (easier than you think): Einfacher als gedacht.

Zehn Gewürze

Eingeteilt sind die Rezepte in die Kategorien Brunch, Rohes Gemüse, Gegartes Gemüse, Reis, Getreide und Hülsenfrüchte, Nudeln, Fleisch, Fisch und Dessert. Darüber hinaus gibt es Menüvorschläge und Anregungen für Festessen (ganz entspannte natürlich, denn ein Großteil der Arbeit lässt sich im Voraus erledigten, am Tisch herrscht Selbstbedienung!).

Um die Gewürzwelten des Nahen Ostens authentisch abzubilden, empfiehlt der Autor, zehn Gewürze, darunter Rosen-Harissa, Za’atar und Schwarzen Knoblauch, stets vorrätig zu haben.

Yotam Ottolenghi: Simple

Yotam Ottolenghi Simple. Das Kochbuch

 

Verlag Dorling Kindersley

ISBN 978-3-8310-3583-0

320 Seiten, 202 x 275 mm

ca. 200 Fotografien und Illustrationen

€ 28,00 (D) / € 28,80 (A)

Schnörkellos und fokussiert

Relativ ’simpel‘ und mit viel Weißraum kommt übrigens auch die Aufmachung des Buchs daher: Schnörkellos und übersichtlich die Rezeptbeschreibungen, nicht überstylt und auf das Wesentliche fokussiert die Fotografien von Jonathan Lovekin. Eine wohltuende Abwechslung zur oftmals grellen Food-Fotografie auf Instagram & Co. (Oder kommen einem filterlose Fotos heute einfach nur schlicht vor, weil man es nicht mehr gewohnt ist?). Auch auf die Abbildung von glücklichen Menschen, die in Kochbüchern immer häufiger die „Essen-macht-glücklich“-Botschaft visuell transportieren, wurde weitestgehend verzichtet.

Welche der sechs SIMPLE-Eigenschaften auf das jeweilige Rezept zutreffen, zeigen übrigens farbige Icons auf einen Blick. Das war es aber auch schon an Schnickschnack. Damit wird ‚Simple‘ zum Kochbuch mit hohem Nutzwert für diejenigen, denen es bei Kochbüchern tatsächlich um die Rezepte geht und weniger um wohlig designte Feelgood-Lektüre, die dann aufgrund zu komplizierter Anleitungen ohnehin meistens im Regal verstaubt. Bei mir zumindest.