Jede Krise ist auch eine Chance. Das beweisen nicht zuletzt die vielen innovativen Initiativen von Gastronomen und Gründern, die während des Corona-Lockdowns neue Wege gehen mussten und daraus nun erfolgreiche Geschäftsmodelle schmieden. Eines davon: das Startup Tintale’s. Mit ihren hochwertigen Ready-to-Drink-Cocktails in Konservendosen sorgen André Resch und Dominic Mölzl seit ein paar Monaten in München und darüber hinaus für Gesprächs- und Trinkstoff in Bars, Hotels und auf Festivals. Sie sind überzeugt: Die Drinks in der Dose lösen nicht nur Probleme wie Lagerraum und Personalmangel. Sondern sie schmecken dank der Expertise des Profi-Mixologen und Co-Gründers Mo Loudini-Siebert auch besser als viele andere vorgemischte Drinks. Jetzt sollen die Tins Gastronomie und Handel erobern.
Ende 2020, in Deutschland herrscht Lockdown. Bei Wild Warehouse, der Event- und Lifestyle-Agentur Wild von André Resch und Dominic Mölzl gibt es wenig bis nichts zu tun, ähnlich gähnend die Leere in ihrer Münchner Bar „Krake“. „Unser Motto ist: Wenn das Leben dir Zitronen schenkt, kannst du entweder den Kopf in den Sand stecken oder Tequila trinken!“, erinnert sich Resch an diese buchstäblich dunkle Zeit. „Die Corona-Pandemie hat sich für uns allerdings eher wie ein ganzer Sack Zitronen angefühlt – wie soll man schließlich Geld verdienen, wenn man in seiner Bar und auf Events keine Getränke mehr verkaufen darf und wann wird es wieder erlaubt sein?“ Fragen, auf die das Gastronomen-Duo zunächst keine Antworten fand.
Leute brauchen etwas zum Anstoßen
Trotzdem musste es irgendwie weitergehen: „Was die Leute jetzt brauchen, ist etwas zum Anstoßen“, so die Überzeugung, die schließlich am 2. Weihnachtstag 2020 zur ersten Mix-Session mit Bar-Profi Mo Loudini-Siebert aus der Bar Bouche führte. Die Idee: Tintale’s, RTD-Cocktails, die in Dosen abgefüllt und für den Konsum zu Hause verkauft werden sollten.
Warum in Konservendosen? „Wir wollten eine nachhaltige Verpackung nutzen – das heißt: keine Flaschen und kein Aluminium“, erklärt Resch. „Die gute alte Konservendose – die schon in Zeiten der Prohibition gute Dienste für den praktischen Transport von Alkohol leistete – erwies sich als der heilige Gral. Sie ist recyclebar, umweltfreundlicher als Glas und erinnert mit der Geschichte des Alkoholverbots der 20er Jahre in Amerika auch irgendwie an den Gastro-Lockdown der Pandemie.“
Dank des 100-prozentigen Schutzes vor Licht und Luft bleiben dabei alle Vitamine und Nährstoffe in der Dose erhalten, Konservierungsstoffe oder ein Kühlschrank sind nicht notwendig, um sie lange zu lagern.
Eine Dose – zwei Drinks
Abgesehen davon erwies sich die goldene Konservendose als perfekte Grundlage für das buntes Design. Und war damit ein echter Hingucker, denn: „Niemand hat sie bisher mit Getränken befüllt.“ Jede Tintale’s-Dose enthält 8 cl Alkohol und eine ausreichende Menge für zwei Drinks – der Serviervorschlag ist einfach: Schütteln, aufmachen, Eiswürfel rein und mit einem – am besten wiederverwendbaren – Trinkhalm genießen.
Zum Start entwickelte das Trio vier Rezepturen: Insgesamt 5.000 Dosen Mai Tai, Solero, Whisky Sour und Pink Sour wurden händisch gemixt und abgefüllt, um sie zunächst an Freunden und Familien zu testen. Parallel lernten die Gründer alles über Lebensmittelsicherheit und Hygiene und perfektionierten die Drinks. Dass die „Tins“ schmecken wie frisch gemixte Cocktails in einer Bar sprach sich schnell herum und schon bald meldeten sich nicht nur andere Gastronomen, sondern auch namhafte Spirituosenhersteller, die ebenfalls einen Schluck aus der Dose nehmen wollten.
Power dank Investoren
„Uns war klar, dass wir uns professionalisieren mussten, wenn wir die PS auf die Straße bringen wollten“. sagt André Resch. Knapp ein Jahr nach den ersten Experimenten wurde die zweite Charge von 26.000 Dosen aus hochwertigen Zutaten wie Moskovskaya Vodka, Matusalem Ron, Kraken Black Spiced, Bulleit Bourbon und Humboldt Gin sowie selbst hergestellten Sirups bei einem Lohnabfüller produziert. Dei Tins gibt es im eigenen Online-Shop, im Lebensmitteleinzelhandel und in der Münchner Gastronomie, bei Caterern sowie Festivals und Konzerten wie jüngst bei Helene Fischer und Andreas Gabalier. Auch auf einem Berliner Wochenmarkt und auf der Pferderennbahn genießen die Besucher inzwischen Cocktails aus der Dose, Sonderabfüllungen für Firmen sind ebenfalls gefragt. Möglich wurde dies alles durch den Einstieg mehrerer Investoren, darunter AML Investitionen der Gastronomen-Familie Hirschberger (Sausalitos, Hans im Glück) unter der Führung von Head of Investment Anja Hirschberger.
Hohe Recyclingquote
Weitere Varianten sind bereits ein Planung, darunter ein Co-Branding mit einer erfolgreichen Spirituosenfirma. „Davon erhoffen wir uns einen enormen Push“, verrät Resch. In ihrer eigenen Bar verkaufen die Gründer mehr als 300 Dosendrinks an einem Wochenende. Auch viele Gastronomen und Hotels füllen die Drinks nicht in Gläser um, sondern setzen sie als „Tintale’s“ auf die Karte. „Der große Vorteil: Man braucht keinen Mixologen, um gute Drinks zu servieren, sie sind kalkulationssicher, pfandfrei und platzsparend zu lagern – ohne MHD!“, zählt Resch auf. Als wertvoller Rohstoff punktet Weißblech zudem mit einer besonders hohen Recyclingquote.
„Dass aus der Gastronomie so bitten Corona-Zeit ein neues Unternehmen geboren würde, hätten wir auch nicht gedacht“, resümiert Resch. „Jetzt wollen wir in die Supermärkte und ordentlich Absatz generieren. Die Geschichte unserer Dosen wird auf jeden Fall weitergehen!“
Barbara Schindler entdeckte schon früh ihre Lust am Schreiben. Mit 16 stand für sie fest: Ich will das Geschichtenerzählen zum Beruf machen, werde Journalistin. Mit einem Studium der Musikwissenschaft, Anglistik und Romanistik orientierte sie sich in Richtung Feuilleton, landete dann aber nach einigen Umwegen beim Fachjournalismus mit Schwerpunkt Gastronomie. Seither berichtet sie – zunächst als festangestellte Redakteurin bei der Fachzeitschrift Food-Service, seit Sommer 2018 freiberuflich – über alle Aspekte der Branche. Barbara Schindler ist verheiratet und lebt in Frankfurt am Main.