Wie viele Gastronomen derzeit in Deutschland musste der Frankfurter Unternehmer Sam Kamran wegen Corona seine fünf Betriebe so gut wie schließen. Doch von Schockstarre oder Panik will er nichts wissen. Stattdessen stellt er Videos ins Netz, die zeigen: So schnell, wie von der Politik versprochen und notwendig, kommen betroffene Unternehmen nicht an die dringend benötigten Gelder. 

Sam, wie geht es dir gerade?

SK: Mir geht es sehr gut!

Keine Panik angesichts der Corona-Krise?

SK: Mein Hobby ist ja denken und eigentlich bin ich faul. Ich arbeite eigentlich nur in Krisen richtig und jetzt muss ich eben mal was arbeiten… und irgendjemand muss ja die Mitarbeiter in der Gastronomie retten. 

Sind deine fünf Läden wegen Corona geschlossen?

SK: Ja, alle, bis auf das Café Hauptwache. Hier stellen wir zwischen 12 und 16 Uhr eine Notversorgung sicher. Wir sind sozusagen die letzte Instanz in der Frankfurter Innenstadt. Aber es kommt niemand.  

Viele Gastronomen warten noch auf die Anordnung zu schließen, um von finanziellen Hilfen zu profitieren. Warum hast du dich anders entschieden?

SK: Weil ich eine Verantwortung gegenüber meinen Mitarbeitern habe. Wer sich ansteckt, kann sterben. Das Virus macht ja keine Unterschiede zwischen Gastro-Mitarbeitern und anderen Menschen. Ich setze meine Leute keinem Risiko aus. 

Keine Angst, dass du dann nicht unter den „Rettungsschirm“ der Regierung kommst?

SK: Ich glaube schon, dass wir darunter kommen. Ich helfe eben ein bisschen nach, dass es funktioniert. Wenn ich Bundeswirtschaftsminister Altmaier heute noch ans Telefon kriege, werde ich ihm erklären, dass es jetzt schnelle Hilfen für Gastronomen geben muss. Sonst stehen am Monatsende 2,4 Mio. Mitarbeiter ohne Lohn da. 

Wie willst du Altmaier denn ans Telefon bekommen?

SK: Ich habe ein Video von einem Anruf bei meinem Bankberater auf die Seite des Kanzleramts hochgeladen und es mit Facebook Werbung verbreitet. In der ersten Stunde wurde es 1.600 Mal geklickt.

Es geht dabei nicht nur darum, Druck bei der Politik zu machen, sondern auch den Mitarbeitern die Angst zu nehmen.

„Die Kollegen halten mich für verrückt.“

Sam Kamran

Gastronom

Zum Beispiel sollen die Aushilfen, die Schwächsten auf dem Arbeitsmarkt überhaupt, kein Kurzarbeitergeld bekommen. Das ist doch ein Denkfehler.

Viele kritisieren ja auch, dass 60 Prozent von einem Gastronomiegehalt ohne Trinkgeld bei Weitem nicht ausreichen…

SK: Ersteinmal geht es jetzt darum, dass die Leute überhaupt Geld bekommen und ihren Job behalten. Jeder von uns muss sich damit abfinden, dass er oder sie zunächst mit 50 Prozent von seinem Einkommen zurecht kommen muss.  Ich selbst liege wohl erst mal bei 0 Prozent meines Einkommens, aber da ich vorher gut verdient habe, fällt es mir natürlich auch leichter. Jeder muss seinen Beitrag leisten. Und ich bin der Meinung, dass Mieten jetzt komplett gestundet werden müssen. Wer mit 50 Prozent seines üblichen Geldes klarkommen muss, der kann ich nicht alles fürs Wohnen ausgeben.

Wie ist die Stimmung in deinem Team zurzeit?

SK: Sehr gut, ich habe alle motiviert und ihnen gesagt, dass ich jeden einzelnen meiner 139 Mitarbeiter retten werde.

Wie geht es für dich in den nächsten Tagen weiter? 

SK: Ich dokumentiere weiterhin meine Anstrengungen, an die Hilfsgelder zu kommen, auf Videos und stelle sie ins Netz. Ich gehe wirklich jede Wette ein, dass Altmaier bis spätestens morgen mein Video gesehen hat. Es gibt auch schon Anfragen von TV-Sendern, die Berichte machen wollen.

 Bist du auch in Kontakt mit anderen Frankfurter Gastronomen? 

SK: Ja, theoretisch schon. Das Problem ist, dass die Stadt und die Frankfurter Kollegen mich für verrückt halten und nicht ernst nehmen. Aber ich war schon immer jemand, der alleine gut zurecht kam. Die anderen halten mich nur auf.