Für die einen ist er eine Bausünde aus den 1990er Jahren, für die anderen touristisches Pflichtprogramm. Fest steht: Der Potsdamer Platz gehört bisher nicht zu den gastronomischen Highlights Berlins und hat seit der Schließung der 1998 eröffneten Shopping Mail Potsdamer Platz Arkaden sicher nicht an Attraktivität gewonnen. Das soll sich nun ändern: Europas größter Shopping-Center Betreiber ECE und der nordamerikanische Immobilienriese Brookfield Properties planen auf dem insgesamt 270.000 qm großen Areal eine Freizeit- und Entertainment-Destination der Superlative. Baubeginn war im April, die Eröffnung ist für das erste Quartal 2022 angekündigt.

Die Gastgeber haben groß aufgefahren, um potenzielle Mieter aus der nationalen und internationalen Gastronomie-Szene von ihrem Vorhaben zu begeistern. Im ehemaligen Nachtclub E4 präsentieren Jonathan Doughty, Global Head of Foodservice, Leasing & Placemaking bei der ECE, und sein Team das Mega-Projekt, das Premium-Handel mit erstklassigen gastronomischen Angeboten aller Arten und aufregender Kunst und Unterhaltung verbinden soll. Ehrengast ist Andrea Rasca, visionärer Gründer des Erfolgskonzepts Mercato Metropolitano in London. Er will in Berlin auf rund 4.400 qm den ersten Ableger des lokal verwurzelten Foodie-Treffpunkts realisieren – und soll so weitere hochkarätige Mieter anlocken. 

Potsdamer Platz

Im Rahmen der kompletten Neupositionierung der Arkaden soll ein Shopping-Center mit internationalem Highstreet-Flair entstehen, in dem rund 90 Shops und Flagship-Stores bekannter Marken aus den Bereichen Technologie, Sport & Entertainment, Science & Beauty, Mobility & Leisure sowie Gastronomie angesiedelt werden. Die bisherige Ladenstraße im Obergeschoss wird komplett entfernt und durch doppelstöckige Fassaden ersetzt, um den Mietern neue Präsentations- und Flächenmöglichkeiten zu bieten. Der Community-Markt von Mercato Metropolitano ist das Herzstück dieses neuen Konzepts.

Inkubator für neue Food-Ideen

Der erste Mercato Metropolitano öffnete 2016 im Londoner Stadtteil Elephant & Castle seine Pforten. Inzwischen gibt es einen zweiten Standort nahe der Shopping-Meile Oxford Street, zwei weitere Locations sind in Planung. Das Konzept: Auf rund 4.500 qm versammeln sich mehr als lokale Food-Händler und Gastronomen, eine Micro-Brauerei und Gemeindeprojekte. Speisen aus der ganzen Welt werden soweit möglich aus regionalen Zutaten zubereitet. Ein Inkubator für neue Food-Ideen und kreative Geschäftsmodelle rund um Lebensmittel, bei dem die Menschen im Mittelpunkt stehen. „Wir sind mehr als ein Markt“, fasst Andrea Rasca zusammen. „Wir sind ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen und gemeinsam eine tolle Zeit haben.“ Koch- und Backkurse wechseln sich ab mit Cocktail-Klassen und Informationsveranstaltungen über Ernährung. Konzerte aufstrebender junger Bands finden hier ebenso statt wie Mal-Workshops.

potsdamer platz

Mercato Metropolitano: „Small is beautiful“

All dies wird bald auch in Berlin entstehen. Der Mercato Metropolitano am Potsdamer Platz soll wie seine Londoner Vorbilder ein Magnet für Foodies und solche, die es werden wollen, sein. „Berlin wird die Hauptstadt des guten Essens in Europa werden!“, kündigt Rasca an. Auf zwei Ebenen wird werden frisch zubereitete, rückverfolgbare und handwerklich hergestellte Lebensmittel von den besten lokalen und internationalen Produzenten angeboten. Dazu ist Rasca derzeit auf Partnersuche in der Berliner Gastro-und lokalen Lebensmittel-Szene unterwegs.

„Viele sprechen heute über Nachhaltigkeit, in Berlin wird sie vielerorts schon glaubhaft gelebt“, lobt der Unternehmer mit italienischen Wurzeln. Wer mit ihm zusammenarbeiten will, der muss sich zum Manifest bekennen des Mercato Metropolitano bekennen. Darin fordert das „MMovement“ unter anderem den Schutz kleiner, handwerklich arbeitender Food-Konzepte, das Recht auf Lebensmittel für alle und die Macht der Verbraucher über das Lebensmittelsystem. Umweltschutz und der Community-Gedanke gehören ebenso zu den Grundsätzen der Bewegung, zu deren Botschafter hochrangige britische und internationale Diplomaten, Nachhaltigkeits-Unternehmer und Food-Aktivisten gehören, und der Rasca auch in Berlin und mit den Berlinern Schwung verleihen will. 

Potsdamer Platz, Berlin
  • 135.000 Besucher täglich
  • 130.000 qm Bürofläche
  • 30.000 Angestellte
  • 46.000 qm Retail-Fläche
  • 90 Shops und Restaurants
  • 2 Fünf-Sterne-Hotels
  • 19 Kinoleinwände
  • 1 Bluemax-Theater
  • 2 weitere Theater mit 2.300 Sitzplätzen
  • 1 Spielbank

https://potsdamerplatz.de

Wiederentdeckung des Potsdamer Platzes

„Wir werden ein Angebot für absolut jeden schaffen: für alle Menschen, die hier leben, hier arbeiten, einkaufen, essen und Spaß haben wollen“, unterstreicht Jonathan Doughty. „Mercato Metropolitano ist mit seiner aufrichtigen Leidenschaft und Ehrlichkeit das ideale Herzstück für die Wiederentdeckung des Potsdamer Platzes.“

Die Pläne des Immobilieninvestors Brookfield, der das Areal seit 2016 besitzt, und der ECE sehen eine grundlegende Neuentwicklung vor. Früh stand fest: Die in die Jahre gekommenen Potsdamer Platz Arkaden sollten nicht wieder zu einem der 60 „klassischen“ Shopping Center Berlins mit ihrem häufig austauschbaren Angebot werden, sondern eine Mall der neuen Generation, die alle Bedürfnisse moderner Verbraucher ganzheitlich anspricht und befriedigt.

„Es ist unsere Herausforderung als ECE, die Shopping Center der Zukunft zu entwerfen“, erklärt Doughty. „Wir werden dazu genau in der Mitte der Stadt einige herausragende Dinge gestalten. Berlin wird stolz auf uns sein.“ Brookfields Vision: eine überdachte Fußgängerzone zu schaffen, unter deren 15 m hoher Glasdecke die Shopper flanieren, Restaurants ihre Tische aufstellen und Künstler konzertieren. „Wir haben bereits in die Neukonzeption der Büroflächen und die Theater investiert. Was jetzt noch fehlt, ist ein Portfolio atemberaubender Restaurants, um Mercato Metropolitano und das umfangreiche Freizeit- und Shopping-Angebot zu komplettieren!“

Hohe Besucherfrequenz

Doughty betont die leichte Erreichbarkeit und die hohe Besucherfrequenz am Potsdamer Platz. „Neben den 3,7 Mio. Einwohnern zählt Berlin 31 Mio. Übernachtungen pro Jahr. Ihnen bieten wir nicht nur 2.150 unterirdische Parkplätze, sondern auch beste Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz.“ Auch die Haupttouristenattraktionen wie das Brandenburger Tor und der Tiergarten liegen nur wenige Laufminuten entfernt. Gerade in unsicheren Zeiten wie der Corona-Krise biete der Standort aufgrund seines diversifizierten Publikums Sicherheit und zahlreiche Möglichkeiten, so Doughty.   

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doughty

Jonathan Doughty ist als Global Head of Foodservice, Leisure and Place Making bei der ECE Group verantwortlich für die Food & Beverage- sowie Freizeitangebote des Shopping Center-Betreibers. Der ausgebildete Koch ist seit 40 Jahren in der internationalen Foodservice-Branche unterwegs und maßgeblich an der Entwicklung neuer Formate der Center-Gastronomie beteiligt. 

Jonathan Doughty: "Eine Destination für Foodies"

Erleben wir am Potsdamer Platz die Geburt einer neuen Shopping-Mall-Ära?

Jonathan Doughty: Ich glaube, der Potsdamer Platz war nie ein „ganz normales“ Shopping Center. Die Arkaden waren ja immer nur ein Teil des Areals  – einer lebendigen Community, in der die Menschen leben, arbeiten, spielen und Spaß haben. Wir verstärken diese Lebendigkeit jetzt, drehen die Frequenz hoch, um es zu einem wirklich besonderen Ort für jeden zu machen.

Es heißt aber, die Berliner gingen eigentlich nie zum Potsdamer Platz, man träfe hier nur Touristen?

JD: Das habe ich auch oft gehört. Vielleicht stimmt das sogar: Bisher war die Gegend sehr auf Touristen fokussiert. Wir wollen deshalb mehr Entertainment-Angebote schaffen, die auch die Berliner begeistern.

Deswegen werden wir gastronomische Angebote mit starker Anziehungskraft für die lokale Bevölkerung etablieren. Es ist wirklich wichtig, dass wir das Bild vom Potsdamer Platz in den Köpfen der Berliner verändern.

Wie kam es zu der Partnerschaft mit Mercato Metropolitano?

JD: Als Brite habe ich enge Verbindungen zum dortigen Markt und eines Tages rief mich ein Freund an und erzählte mir von diesem verrückten Italiener, Andrea Rasca, und seinem wirklich großartigen Konzept. Ich kannte Mercato Metropolitano schon von vielen Besuchen dort und als ich hörte, dass Andrea möglicherweise an einer Expansion nach Berlin interessiert sei, habe ich ihn getroffen. Wir haben auch mit anderen Markt-Konzept-Betreibern gesprochen und Brookfield war zunächst zurückhaltend, aber nachdem sie den Mercato in Elephant & Castle gesehen hatten, waren sie absolut überzeugt und wir haben den Deal gemacht.

Ist Berlin für Gastronomen aus Großbritannien – trotz des Brexits – besonders attraktiv?

JD: Ja, die Briten lieben Berlin, seine Atmosphäre und sein ganz spezielles Nachtleben. Die Stadt ist sehr international, das macht sie auch für Gastronomen attraktiv.

Welchen Mix aus gastronomischen Konzepten wollen Sie am Potsdamer Platz realisieren?

JD: Wir denken weniger an das normalen Portfolio der üblichen High-Street-Marken vor, die es überall gibt. Am liebsten wären uns Konzepte, die hier ihren ersten deutschen Standort eröffnen oder zumindest den ersten in Berlin. Wir wollen den Menschen Dinge bieten, die sie woanders nicht bekommen – auf allen Preisstufen und jedem Küchenniveau. Wir sind sogar im Gespräch mit 2-Sterne-Köchen, die den Potsdamer Platz zu einer Destination für Foodies machen sollen.

Drei Kriterien zählen für uns: zu allererst großartiges Essen, dann ein interessantes Konzept und eine gewisse Einzigartigkeit. Wir werden viele internationale Marken und neue Player anziehen, die dann von hier aus ihre Expansion in Deutschland starten. Als ECE werden wir sie mit allem Wissen unterstützen, das sie brauchen, um im hiesigen Markt erfolgreich zu sein. Das macht kein anderer Vermieter! Für unsere internationalen Partner ist es viel wichtig zu verstehen, wie hoch die Steuern sind, was ein Kellner verdient, wo sie Käse kaufen können, welche arbeitsrechtlichen Fallstricke es gibt. Die Höhe der Miete ist für sie eher nebensächlich. Darüber sprechen wir als allerletztes.