Morgens, halb elf in Deutschland. Genauer: in der Kölner Richard-Wagner-Straße. Parham Pooramin sitzt an einem Tisch im vorderen Bereich seines gut gefüllten Café Buur, das Smartphone neben sich. Während des Interviews hat er es immer im Auge, ebenso wie die Eingangstür, die sich im Minutentakt öffnet und schließt, wenn der Service neue Gäste aus der immer länger werdenden Reihe der auf dem Bürgersteig geduldig Wartenden hereinbittet. Gerade nimmt Kai Pflaume am Nebentisch Platz. Pooramin begrüßt ihn als Freund, stellt sicher, dass der Moderator und seine Begleitung bestmöglich versorgt werden, und wendet sich dann wieder der angereisten Journalistin zu. Dieser Artikel erschien zuerst im März 2024 im Barista-Magazin der Fizzz.
Wo waren wir? Ach ja, sein Werdegang vom studierten Wirtschaftsingenieur mit Maschinenbauschwerpunkt zum reichweitenstärksten Gastronomen in den Sozialen Medien, zu dessen Stammgästen nicht nur TV-Prominenz, sondern auch die bekanntesten Influencer Deutschlands, Sportler und Musiker gehören. 220.000 Follower auf Instagram, Beiträge mit mehr als 90.000 Likes, auf TikTok bis zu 5,4 Mio. Aufrufe für einzelne Videos. Werbekooperationen mit Lidl und Nestlé. Ein Kochbuch voller „Food Porn”, Charity-Aktionen mit Entertainer Stefano Zarrella und von Influencern kreierte Gerichte auf der Speisekarte: Das Café Buur ist der Place to be für alle, die Teil sein wollen der Social-Media-Glitzerwelt – oder einfach nur richtig gut frühstücken.
![Parham Pooramin_c_Café Buur Parham Pooramin<br />](https://www.presstaurant.de/wp-content/uploads/2024/07/Parham-Pooramin_c_Cafe-Buur.jpg)
All Day Breakfast und abends frei
„Geplant war das alles nicht”, erzählt Parham Pooramin. Ursprünglich wollte er nur seiner Mutter, einer ausgebildeten Konditorin, dabei helfen, ihren Traum vom eigenen Café zu realisieren. Auf einer Reise durch Asien hatte er sich zuvor von den dortigen Frühstückskonzepten inspirieren lassen und 2017 das Konzept des All Day Breakfast als einer der ersten nach Deutschland gebracht.
Mundwässernde Hingucker für Social Media
„Ich hatte Lust auf Gastronomie, wollte aber nicht jeden Abend arbeiten”, erklärt der Unternehmer, was ihm an der Idee gefiel. Herzstück der Karte mit dem selbstbewussten Slogan „My Brunch is better than yours” sind vielseitige Eierspeisen, Toast- und Pfannengerichte, Mac’n’Cheese, Sucuk, Tacos, Pancakes und Bowls, opulent inszeniert und ausdrücklich als mundwässernde Hingucker für die sozialen Medien konzipiert.
100 Prozent Geschmack, 100 Prozent Optik!
Ein Faible für kreatives Marketing und ein Gespür dafür, wie sich die unterschiedlichen Social-Media-Kanäle nutzen lassen, um Aufmerksamkeit zu erzeugen, hatte Pooramin immer schon. Instagram & Co. sind für ihn die kostengünstigste Option, ein Konzept oder Produkt schnell bekannt zu machen, indem andere – unbezahlt! — dafür Werbung machen. „Viele Gastronomen konzentrieren sich immer noch zu stark auf Offline-Marketing und unterschätzen das Potenzial von Social Media”, bemängelt Parham Pooramin die geringe Innovationsbereitschaft einiger Kollegen. „Ein instagrammables Angebot ist allerdings die Voraussetzung.” Also 50 Prozent Geschmack, 50 Prozent Optik und dann läuft’s? „Nein”, so die entschiedene Antwort des leidenschaftlichen Kochs, der maßgeblich in die Rezeptentwicklung involviert ist: „Es gilt immer: 100 Prozent Geschmack, 100 Prozent Optik!”
![Kopie von DSC06235-4 Parham Pooramin](https://www.presstaurant.de/wp-content/uploads/2024/07/Kopie-von-DSC06235-4.jpg)
Warteschlange gehört zum Straßenbild
Und eine Prise Glück on top. Denn zunächst fand das Café Buur trotz des großen Wow-Faktors bei den Kölnern eher wenig Beachtung. Erst als Parham Pooramin und seine Familie bereits ans Aufgeben dachten, entdeckte Influencerin Farina Opoku das Café und berichtete ihren rund 2 Mio. Followern von den optisch wie geschmacklich außergewöhnlichen Frühstücksofferten. Von da an dauerte es keine zwei Wochen mehr, bis sich die ersten Schlangen vor der Tür bildeten. Und weil Influencer bekanntlich nicht nur ihre Follower, sondern auch weitere Influencer anziehen, sorgen seither Namen wie Dagi Bee, Lukas Podolski oder Enissa Amani mit ihren Posts dafür, dass die Wartenden inzwischen zum Straßenbild gehören. „Die Influencer haben unseren Erfolg nur beschleunigt”, betont Parham Pooramin und ist überzeugt: „Früher oder später wären die Leute sowieso auf uns aufmerksam geworden.”
Wir sind nicht elitär wie andere Restaurants, in denen sich berühmte Menschen treffen. Bei uns kommt jeder rein, der bereit ist, auf einen freien Tisch zu warten.
Maximaler Service für Stammgäste
Während Parham erzählt, vibriert sein Handy auf dem Tisch zum gefühlt 20. Mal seit Beginn des Gesprächs. Ein kurzer Blick aufs Display und der Gastronom entschuldigt sich: „Da muss ich eben dran gehen.” Am anderen Ende der Leitung ist Sänger Pietro Lombardi, der etwas zum Lunch geliefert bekommen möchte. Parham Pooramin nimmt die Bestellung auf und leitet sie an den Service weiter, veranlasst, dass später ein Uber das Gewünschte zum prominenten Kunden bringt. Die ständige Erreichbarkeit und maximaler Service – zumal für Stammgäste mit hoher Social-Media-Relevanz – stehen im Café Buur an erster Stelle.
![Kopie von DSC06229-3 Parham Pooramin<br />](https://www.presstaurant.de/wp-content/uploads/2024/07/Kopie-von-DSC06229-3.jpg)
Lange Warteschlangen vor dem Café Buur sind in der Richard-Wagner-Straße Alltag.
![Kopie von DSC06291-9 Parham Pooramin](https://www.presstaurant.de/wp-content/uploads/2024/07/Kopie-von-DSC06291-9.jpg)
Außen unspektakulär, innen instagrammable: das Café Buur setzt auf verführerische Optik.
Café als Kontaktbörse für Prominente und die, die es werden wollen
Kein Wunder, dass für die in Pooramins Handy gespeicherten Telefonnummern wohl manch Klatschreporter seinen rechten Arm hergeben würde. Das Café Buur ist ein Hotspot für alle, die auf der Suche nach Kontakten sind: „Künstler und selbst Fußballer kommen her, damit wir sie mit den richtigen Leute zusammenbringen”, verrät Parham. Als Promi-Wirt sieht sich der begnadete Netzwerker dennoch nicht. „Wir sind nicht elitär wie andere Restaurants, in denen sich berühmte Menschen treffen. Bei uns kommt jeder rein, der bereit ist, auf einen freien Tisch zu warten. Alle sollen sich als Mensch wahrgenommen fühlen, nicht als prominent.” Reservierungen nimmt das Café Buur grundsätzlich nicht entgegen. Allerdings können sich treue Gäste – egal, ob 3 Mio. Instagram-Follower oder 200 – ein paar Privilegien erarbeiten: „Wer regelmäßig zu uns kommt, den lassen wir natürlich nicht vor der Tür stehen.” Voraussetzung für diesen besonderen Service: die Handy-Nummer des Chefs.
Dass dieses Erfolgsrezept nicht nur in Köln funktioniert, beweisen weitere Café Buurs in Düsseldorf und Frankfurt. Statt Medienleuten sorgen hier vor allem die Modebranche, Fußballer und Rapper für Frequenz und die begehrte Instagram-Reichweite. Nur im Influencer-Paradies Dubai konnte sich die Marke wider Erwarten nicht durchsetzen. „Wir dachten: Dubai, das ist Champions League, mit großem Wachstum und jeder Menge Multiplikatoren. Aber es war schwieriger als gedacht. Letztendlich musste mich entscheiden: entweder Dubai oder Deutschland”, kommentiert der Gastronom den Fehlversuch offensichtlich ohne allzu großes Bedauern.
Alles mit Kindern und Provokation geht viral.
![Parham Pooramin_c_Ruesing Fotografie_2 Parham Pooramin](https://www.presstaurant.de/wp-content/uploads/2024/07/Parham-Pooramin_c_Ruesing-Fotografie_2.jpg)
„Boring Marketing“ für namhafte Kunden
Schließlich gibt es für ihn hierzulande genug zu tun: Im Frühjahr 2023 professionalisierte Pooramin seine Social-Media-Aktivitäten in Form einer eigenen Marketing-Agentur mit dem bewusst provokanten Namen „Boring Marketing”. 20 Mitarbeiter bespielen seither nicht nur die Instagram- und TikTok-Kanäle des Café Buur mit kreativen Videos und Posts, sondern betreuen ein gutes Dutzend anderer namhafter Kunden aus Gastronomie, Handel und Industrie, darunter Lukas Podolskis Mangal Döner.
An Ideen mangelt es Pooramin nicht: So schickte er beispielsweise zwei Kinder als Service an die Tische des Café Buur, die – angeleitet über Headsets – die Gäste mit naseweisen Kommentaren („Du bist bestimmt Veganerin?”) auf die Schippe nahmen. 54.000 Followern auf Insta gefällt das. Fast noch besser funktionieren kontroverse Beiträge, wenn zum Beispiel eine Interviewerin auf der noblen Düsseldorfer Kö’ charmant einem Passanten den Wert seines Outfits – knapp 40.000 Euro – entlockt und sich darunter eine angeregte Diskussion über die Verteilung von Reichtum in Deutschland entspinnt. Ergebnis: 60 Mio. Aufrufe und 216.000 Likes bei TikTok. „Alles mit Kindern, Guerilla-Marketing, Provokation geht immer viral”, weiß Pooramin. „Es geht darum, anders zu sein und für eine gewisse Aufregung zu sorgen, aber keinen Imageschaden zu riskieren. Die Leute wollen Entertainment, Comedy, Emotion. Dann reicht es, wenn die eigene Marke nur im Hintergrund auftaucht.”
![Kopie von DSC06255-5 Parham Pooramin](https://www.presstaurant.de/wp-content/uploads/2024/07/Kopie-von-DSC06255-5.jpg)
Café Buur-Bananenbrot bei Lidl
Wie man die Big Player für seine Zwecke einspannt, haben Pooramin und sein Team ebenfalls verstanden: Als während der Corona-Lockdowns halb Deutschland zu Hause Bananenbrot backte, brachten sie das ikonische Bananenbrot aus dem Café Buur – nach einem Geheimrezept von Parhams Mutter – bei Lidl in die Regale, wo es dank einer zielgenauer Social-Media-Kampagne in wenigen Stunden ausverkauft war. Inzwischen arbeitet man auch bei Rezeptkreationen und Live Events im Café Buur eng mit dem Discounter zusammen. Der Nestlé-Konzern nutzt die Strahlkraft der Marke ebenfalls für Cross Promotions mit seiner Garden Gourmet-Range, die im Café Buur unter anderem als veganer Döner serviert wird.
Sein bisher wohl größter Coup gelang Pooramin dank einer medienwirksam inszenierten Konfrontation mit McDonald’s: Als im Café Buur Tacos mit einer dem Big Mac nachempfundenen Soße auf der Karte auftauchten, sprang der Fast-Food-Riese prompt über das hingehaltene Stöckchen und schritt juristisch ein.
Der kalkulierte Aufmerksamkeitsbooster machte das heute als „Verbotene Tacos” vermarktete Gericht erst recht zum Kult.
Längst sieht sich Pooramin nicht mehr als Gastronom, sondern als Marketing-Spezialist. „Wir sind Content Creators. Unser Job ist es, uns Geschichten auszudenken und diese für Social Media zu inszenieren. Das Café Buur ist unser Showcase, in dem wir nicht in erster Linie Essen und Getränke verkaufen, sondern Erlebnisse und Emotionen.”
750.000 Pflaume-Followern gefällt das
Wie soll es weitergehen mit dem Café Buur und Boring Marketing? „Ich denke nicht weit voraus, das passt nicht zu mir. Wachstum ja, aber mit Augenmaß”, wiegelt Parham Pooramin ab. Statt auf Franchising setzt er bei der anvisierten Eröffnung weiterer Standorte auf bewährte Mitglieder seines inzwischen rund 200-köpfigen Teams. Auch neue Marken sind in der Entwicklung, wie ein Shawarma-Konzept, das in diesen Wochen in Köln an den Start geht. Als Unternehmer ist Parham Pooramin längst auf vielen unterschiedlichen Rennstrecken unterwegs. „Trotzdem: Ich liebe es nach wie vor, als Gastgeber im Café Buur präsent zu sein – zumal immer mehr Gäste kommen, um mich persönlich zu treffen.” Spricht’s und hat nun endlich Zeit für die Prominenz am Nachbartisch – wovon man sich wenig später in Kai Pflaumes Insta-Story überzeugen kann. Potenziell 750.000 Followern gefällt das.
Fotos: Café Buur, Rüsing Fotografie (1)
![Barbara Schindler](https://www.presstaurant.de/wp-content/uploads/2019/07/BSchindler.png)
Barbara Schindler entdeckte schon früh ihre Lust am Schreiben. Mit 16 stand für sie fest: Ich will das Geschichtenerzählen zum Beruf machen, werde Journalistin. Mit einem Studium der Musikwissenschaft, Anglistik und Romanistik orientierte sie sich in Richtung Feuilleton, landete dann aber nach einigen Umwegen beim Fachjournalismus mit Schwerpunkt Gastronomie. Seither berichtet sie – zunächst als festangestellte Redakteurin bei der Fachzeitschrift Food-Service, seit Sommer 2018 freiberuflich – über alle Aspekte der Branche. Barbara Schindler ist verheiratet und lebt in Frankfurt am Main.