„Unsere Gäste lieben unsere Treueprogramme!“ Dieser Überzeugung sind die meisten Gastronomen. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus: Fast drei Viertel der Gäste nehmen bestenfalls ab und zu an einem solche Programm teil. Das ergab eine weltweite Studie von Oracle Food and Beverage. Es ist somit an der Zeit, das Verhältnis zwischen Gast und Restaurant auf eine neue Basis zu stellen. Ein Gastbeitrag von Markus Aehling, Sales Director Oracle Food and Beverage Germany.
Einmal pro Woche eine E-Mail mit einem Hinweis auf eine Sonderaktion oder nach zehn Stempeln im Bonusheft einen Prosecco umsonst. Gastronomen, die auf solche althergebrachten Treueprogramme setzen, haben es schwer. Dasbelegt die globale Studie „The Loyalty Divide – Operator and Consumer Perspectives, Restaurant 2018″ von Oracle Food and Beverage. Denn fast ein Viertel der befragten Konsumenten lässt solche Programme generell „links liegen“. Weitere 49 Prozent nehmen nur dann teil, wenn ein solches Angebot für sie in hohem Maße relevant ist.
Doch ein Großteil der Gastronomen schätzt die Situation völlig anders ein, so die Studie: Die Hälfte ist der Überzeugung, dass ihre Gäste gerne bei jeder Art von Treueprogramm mitmachen. An die 49 Prozent gehen davon aus, dass dies zumindest bei Aktionen der Fall ist, die Besucher als besonders relevant einstufen.
Kunden: Treueangebote sind nur bedingt relevant
Eine ähnliche Diskrepanz zeigt sich bei weiteren Punkten. So ist fast die Hälfte der Gastronomen (47 Prozent) der Überzeugung, dass ihre Angebote für die Gäste in den meisten Fällen relevant sind. Das sehen aber nur 27 Prozent der Besucher so. Und 63 Prozent der Gastronomen glauben, dass zwischen Restaurant und Gast eine reine „Zweierbeziehung“ besteht. Der Einfluss von Dritten, etwa Social-Media-Plattformen, sei zu vernachlässigen. Auch in diesem Punkt liegen die Profis aus der Gastronomie-Branche falsch. Denn nur 22 Prozent ihrer Gäste teilen diese Meinung. An die 40 Prozent sieht dagegen in Empfehlungen von „Influencern“ eine wichtige Informationsquelle. Influencer sind Meinungsführer, die auf Social-Media-Plattformen wie Facebook, Youtube, Pinterest und Instagram Bewertungen zu Restaurants abgeben.
Die zentrale Rolle von sozialen Medien darf nicht unterschätzt werden. Denn immerhin 51 Prozent der befragten Konsumenten informieren sich auf solchen Plattformen, ehe sie sich für ein Restaurant entscheiden. Fast ebenso viele „posten“ zudem Fotos auf einer Online-Plattform vom Essen und dem Ambiente. Wie wichtig solche Informationsquellen sind, belegt eine weitere Erkenntnis der Studie von Oracle Food and Beverage: An die 40 Prozent der – potenziellen – Gäste halten Bewertungen von Restaurants auf Youtube für glaubwürdiger als die Werbe- und Marketingmaßnahmen des Betreibers. Auch Testimonials von Prominenten können es in Bezug auf die Glaubwürdigkeit nicht mit Influencern und den Empfehlungen von Gästen eines Restaurants aufnehmen.
Individuelle Angebote sind unschlagbar
Doch allein mit einer Social-Media-Offensive lassen sich Besucher nicht in ein Restaurant oder ein Café locken. Denn im Bereich Food & Beverages zählt mehr denn je das Kundenerlebnis. Der Gast will nicht als „Durchlaufposten“ wahrgenommen werden, sondern als Persönlichkeit mit individuellen Wünschen. Das muss sich in den Loyalitätsprogrammen widerspiegeln.
So wünschen sich mehr als zwei Drittel der Befragten vom einem Restaurant Angebote, die auf ihre persönlichen Vorlieben zugeschnitten sind. Ebenso viele Gäste bevorzugen Treueprogramme, die auf Basis ihrer Kaufhistorie maßgeschneiderte Services bereitstellen. Eine weitere Anregung seitens der Kunden: Auch das Servicepersonal sollte bereits im Vorfeld wissen, welche Speisen und Getränke ein Gast bevorzugt und entsprechende Empfehlungen geben.
Studie zur Kundenloyalität
Die globale Studie The Loyalty Divide – Operator and Consumer Perspectives, Restaurant 2018, wurde im Auftrag von Oracle wurde im Februar 2018 unter 13.000 Verbrauchern und 500 Unternehmen in neun Ländern in Nordamerika, Europa, Lateinamerika und Asien-Pazifik durchgeführt (Australien, Brasilien, China, Frankreich, Deutschland, Indien, Mexiko, Großbritannien und USA). Der Oracle Hospitality Report identifiziert vier Gästetypen: Der Broadcaster, der sowohl kleine Restaurants als auch Kettenrestaurants besucht und über seine Erfahrungen berichtet – egal ob gut oder schlecht. Der Enthusiast ist hingegen ein engagierter Gast, der eine persönliche Beziehung zu einem Restaurant aufbaut, wohingegen der Lazy Loyal typischerweise keine Präferenz hat und einfach nur essen gehen möchte. Zu guter Letzt gibt es den Suchenden, der gerne verschiedene Restaurants testet, um das beste Preis- /Leistungsverhältnis zu finden.
Die Basis: Apps und lernfähige Treueprogramme
Damit ein Restaurant solche Angebote erstellen kann, benötigt es allerdings Daten über die Vorlieben der Gäste. In diesem Punkt können Treueprogramme Hilfestellung geben. So ergab die Studie von Oracle Food and Beverage, dass rund 90 Prozent der Gäste „lernfähige“ Programme schätzen. Sie ermitteln anhand der Angebote, die ein Nutzer akzeptiert hat, die „Favoriten“ eines Gasts.
In dieselbe Richtung weist eine weitere Anforderung der Nutzer von Treueprogrammen: Neun Zehntel der Befragten können sich vorstellen, in einem Restaurant ihnen noch nicht bekannte Gerichte und Getränke auszuprobieren. Ungut wäre allerdings, wenn solche Speisen Zutaten enthielten, die dem Gast nicht schmecken. Das lässt sich vermeiden, wenn ein Treueprogramm die Kaufhistorie eines Besuchers auswertet. Aus ihr lässt sich ableiten, welche kulinarischen Präferenzen ein Gast hat.
Doch auch die Gäste wollen laut der Studie von Oracle Food and Beverage in einem Restaurant, Bistro oder Café aktuelle Technologien nutzen. So rufen 84 Prozent der Befragten auf ihrem Smartphone oder Tablet gerne die Nährwerte und Liste der Inhaltsstoffe von Speisen ab.
Mobiles Bestellen und Bezahlen gewünscht
Und mehr als 80 Prozent wünschen sich, dass sie Bestellungen per Mobil-App ordern und bezahlen können. Wer somit seine Gäste in besonderem Maße verwöhnen will, sollte solche Angebote in Betracht ziehen.Allerdings hat die Personalisierung von Services Grenzen. So lehnt die Mehrzahl der Befragten Empfehlungen seitens eines Restaurants ab, die auf einer Auswertung ihrer Social-Media-Profile basieren. Dasselbe gilt für Nachrichten, die ein Anbieter auf das Mobilsystem eines Gastes „pusht“, sobald sich dieser in der Nähe befindet. Solche Aktivitäten werden als „übergriffig“ bewertet.
Die Zukunft der Kundenbindung
Restaurantbesitzer und -betreiber können optimistisch in die Zukunft blicken: Insbesondere Millennials sind offen für Treueprogramme und sagen selbst, dass ihre Markentreue wächst.
- 44 Prozent der Millennials (25-34 Jahre) und 44 Prozent der Pre-Millennials (18 bis 24 Jahre) sind Restaurantmarken treuer als zuvor.
- 30 Prozent der Generation Y sind offen, sich für jedes Treueprogramm anzumelden, während die Babyboomer (Altersgruppe 55+) anspruchsvoller sind. 48 Prozent der Befragten wollen sich nur für ausgewählte, relevante Programme anmelden.
Social Media wird immer wichtiger
Für einen Großteil der Restaurantbesucher ist es wichtig, dass Restaurants in Social Media präsent sind. Sie vertrauen eher Influencern als klassischer Werbung.
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- 51 Prozent der Gäste recherchieren in sozialen Medien vor dem Restaurantbesuch.
- 48 Prozent veröffentlichen wahrscheinlich Fotos von ihren Restaurant-Erlebnissen auf Social Media Kanälen.
- 39 Prozent folgen Influencern, die über die beliebtesten Restaurants berichten.
- 50 Prozent stimmen zu, dass es für Restaurants heute unerlässlich ist, aktiv in Social Media präsent zu sein.
- 40 Prozent sind der Meinung, dass YouTube-Bewertungen vertrauenswürdiger sind als Markenwerbung oder -Kommunikation.
- 38 Prozent der Verbraucher vertrauen bei Restaurants eher den Empfehlungen von Influencern als von Prominenten.
Personalisierung ist Trumpf
Damit Treueprogramme für Gäste relevant bleiben, müssen Restaurants sie persönlich gestalten und nicht als Massenprodukt. Der Gast will sich geschätzt fühlen.
Berücksichtigung von Vorlieben
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- 68 Prozent der Gäste bevorzugen personalisierte Angebote anhand ihrer Vorlieben.
- 67 Prozent der Gäste schätzen personalisierte Angebote auf Basis der Kaufhistorie.
- 62 Prozent halten eine persönlichere Betreuung durch die Servicemitarbeiter für reizvoll.
Unmittelbare Vorteile
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- 76 Prozent der Gäste wollen lieber sofortige Vorteile als Punkte zu sammeln.
- 73 Prozent der Gäste bevorzugen ein Treueprogramm, das bei verschiedenen Marken eingesetzt werden kann.
- 72 Prozent der Gäste schätzen ein unkompliziertes Treueprogramm mit häufigen Angeboten.
Die Rolle der Technologie
Für Restaurants spielt Technologie eine wichtige Rolle dabei, Komfort und Kundenbindung zu verbessern. Verbraucher sind offen für Innovationen, die das Restauranterlebnis unterstützen.
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- 88 Prozent der Gäste schätzen lernfähige Treueprogramme, die auf Basis von angenommenen oder abgelehnten Angeboten für sie relevante Gerichte /Getränke empfehlen.
- 88 Prozent der Gäste schätzen es, Treuepunkte für Gerichte einzulösen, die sie bisher noch nie probiert haben und ihnen aufgrund der Kaufhistorie angeboten werden.
- 84 Prozent der Gäste nutzen im Restaurant / Café gerne ein Mobilgerät oder Tablett für die Bestellung oder um Ernährungsinformationen abrufen zu können.
- 83 Prozent der Gäste bestellen und bezahlen gerne über eine mobile App.
Treueprogramm soll sofort Nutzen bringen
Ausdrücklich erwünscht sind dagegen Loyality-Programme, die für den Kunden einfach zu handhaben sind und diesem häufig neue Angebote zur Verfügung stellen. Mehr als drei Viertel der Gäste wollen außerdem einen schnellen Nutzen haben, wenn sie an seinem solchen Programm teilnehmen. Über einen längeren Zeitraum hinweg Punkte sammeln zu müssen, stößt auf wenig Gegenliebe.
Ein weiterer Wunsch von Restaurantliebhabern dürfte bei Gastronomen dagegen umstritten sein: 73 Prozent der Gäste bevorzugen Treueprogramme, die sie bei mehreren Marken, sprich Restaurants oder Cafés einsetzen können. Das läuft dem Wunsch vieler Betreiber zuwider, einen exklusiven Zugriff auf die Daten von Kunden zu erhalten.
Jüngere Nutzer sind markentreuer als „Alte“
Erfreulich für die Betreiber von Restaurants ist dagegen ein weiteres Resultat der Studie: der hohe Loyalitätsgrad von Gästen. Vor allem jüngere Gäste tendieren dazu, einer Restaurantmarke die Treue zu halten. Das gilt beispielsweise für 44 Prozent der Millenials, die zwischen 25 und 35 Jahr alt sind. Auch ebenso viele Mitglieder der Generation Z (geboren Anfang der 1990er Jahre) stuft ihre Loyalität gegenüber Restaurants höher ein als noch vor einigen Jahren.
Dagegen sind die „Alten“ wechselwilliger: Nur ein Viertel der Babyboomer, die heute etwa um die 55 Jahre alt sind, weist gegenüber Restaurants eine höhere Loyalität. Von den 35- bis 55-Jährigen sind es 37 Prozent. Der Kampf um diese Kundengruppen erfordert daher einen höheren Aufwand.
Fazit: Soziale Medien und „Mundpropaganda“
Eines der wichtigsten Ergebnisse der Studie von Oracle Food and Beverage ist, dass Treueprogramme nach wie vor ihre Berechtigung haben. Das sehen auch Gastronomen so. Fast drei Viertel der Restaurants werten die Daten aus, die Kunden im Rahmen solcher Programme bereitstellen. Problematisch ist jedoch, dass mehr als die Hälfte der Restaurants die Rolle von sozialen Netzwerken und Online-Portalen unterschätzt, auf denen Gäste ihre Erfahrungen mit anderen Interessenten teilen.
Daher ist es wichtig, dass die Betreiber von gastronomischen Unternehmen Online-Rezensionen und Beiträge auf Social-Media-Plattformen über ihre Häuser regelmäßig erfassen und auswerten. Solche Informationen geben Aufschluss darüber, wie es um die Reputation eines Unternehmens bestellt ist und ob Gäste gerne wiederkommen. Diese Chance, mehr über die Loyalität von Gästen zu erfahren und Treueprogramme entsprechend anzupassen, sollte sich kein Gastronom entgehen lassen.
Oracle Hospitality
Oracle Hospitality bietet 35 Jahre Erfahrung in der Bereitstellung von Technologielösungen für Betriebe aus den Bereichen Hotellerie, Gastronomie, Kreuzfahrtschiffe und Casinos. Die Lösungen umfassen integrierte Point-of-Sale, Loyalty, Reporting und Analyse, Inventur und Personalverwaltung. Diese werden von der Cloud bereitgestellt, um IT-Kosten zu senken und die geschäftliche Flexibilität zu maximieren.
Barbara Schindler entdeckte schon früh ihre Lust am Schreiben. Mit 16 stand für sie fest: Ich will das Geschichtenerzählen zum Beruf machen, werde Journalistin. Mit einem Studium der Musikwissenschaft, Anglistik und Romanistik orientierte sie sich in Richtung Feuilleton, landete dann aber nach einigen Umwegen beim Fachjournalismus mit Schwerpunkt Gastronomie. Seither berichtet sie – zunächst als festangestellte Redakteurin bei der Fachzeitschrift Food-Service, seit Sommer 2018 freiberuflich – über alle Aspekte der Branche. Barbara Schindler ist verheiratet und lebt in Frankfurt am Main.