Zu viel Stillstand prĂ€gt die deutsche Gastronomie, so lautet die Diagnose von Kevin Kessler und Julian Wessing. Ihr Konzept 80Days soll deshalb ganz anders sein: Angelehnt an den Roman von Jules Verne „In 80 Tagen um die Welt“ haben die beiden GrĂŒnder ein Format entwickelt, in dem alle 80 Tage das Angebot komplett wechselt. Das Besondere: Die GĂ€ste können per App mitbestimmen, welche LĂ€nderkĂŒche als nĂ€chste auf der Speisekarte steht. Einzige Bedingung: Street Food muss es sein.

KĂŒrzlich erprobten sie das Konzept  mit Hilfe eines GrĂŒnder-Stipendiums des Landes NWR im Kölner Laden Ein erstmals im Live-Betrieb und sind nun mehr denn je ĂŒberzeugt: „Unsere Idee hat Zukunft!“ ZunĂ€chst steht ein Pilotstore auf dem Plan, spĂ€ter soll The 80 Days als systemgastronomische Franchise-Marke wachsen. Was allerdings noch fehlt, ist die Anschubfinanzierung von 1,1 Mio. €.

„Wir möchten unseren GĂ€sten eine zentrale Anlaufstelle bieten, in der sie das Street Food der Welt unkompliziert probieren und erleben können“, erklĂ€rt Julian Wessing. Jeweils 80 Tage lang soll es im 80 Days zwischen sechs und acht Gerichte aus einer Region geben. Passend dazu wird das zukĂŒnftige Restaurant mit entsprechendem Lokalkolorit dekoriert und auch die Zutaten soll es teilweise zu kaufen geben. So können die Gerichte zu Hause nachgekocht werden, wenn im 80 Days lĂ€ngst schon etwas anderes serviert wird.

Marktplatz fĂŒr Food und Merchandise

Vorbild ist der Handel, der verstĂ€rkt auf gastronomische Angebote setzt, um Kunden in den Laden zu holen. „Wir wollen es umgekehrt machen: eine MarktatmosphĂ€re schaffen, in der die GĂ€ste auch zum Kauf von Produkten animiert werden, die zum gastronomischen Angebot passen“, so Wessing. „Dabei ist auch die Zusammenarbeit mit Food Startups geplant, denen wir in diesem Rahmen eine Plattform bieten können.“

Testlauf im Kölner Laden Ein: Hier servierten Julian Wessing (2.v.r.) und Kevin Kessler (r.) zwei Wochen lang asiatisches und lateinamerikanisches Street Food. Foto: 80 Days

Beim Wechsel von einer KĂŒchenrichtung zur nĂ€chsten soll die digitale Technik helfen: „Heute muss man ja keine Speisekarten mehr drucken lassen, wenn man ein neues Gericht ins Programm aufnimmt“, sagt Wessing. „Wir werden das digital steuern, ebenso wie das Ambiente mit Musik, Licht, LED-Tafeln und sogar der Geruch des Ladens sehr leicht umzugestalten ist. Dazu brauchen wir im Vorfeld maximal zwei Wochen.“ Über eine App können die GĂ€ste sowohl bestellen und bezahlen als auch Feedback geben und sich an der Abstimmung ĂŒber zukĂŒnftige Angebote beteiligen. 

Street Food Festival mit immer neuen Angeboten

„Es geht uns um KundennĂ€he und -Interaktion, um völlig neue Esserlebnisse in einer spannenden AtmosphĂ€re“, ergĂ€nzt Kevin Kessler, „eine Weltreise mit immer neuen Zielen. Ein Street Food-Festival, das man immer wieder besuchen kann.“ Damit wollen die beiden GrĂŒnder die „kulinarische Langeweile“ in der Systemgastronomie – 70 % der Top-10-Gastronomen verkaufen Burger, Pizza und Pasta – durchbrechen. 60-80 PlĂ€tze soll der stationĂ€re Pilot bieten, als Standort stehen Köln und DĂŒsseldorf ganz oben auf der Wunschliste.

Preislich werden die Gerichte inklusive GetrĂ€nk bei durchschnittlich 12,50 € liegen und so nach Berechnungen der GrĂŒnder fĂŒr einen Jahresumsatz von 1 Mio. € pro Eigenregie-Laden sorgen. Bevor die Kunden mitreden dĂŒrfen, wollen sie das Angebot vorab fĂŒr 3-4 Perioden selbst festlegen, um alle AblĂ€ufe ‚rund‘ zu machen und weitere Erfahrungen zu sammeln. 

Test im Laden Ein

Zwei Wochen lang ging The 80 Days kĂŒrzlich auf der Kölner Pop-up-FlĂ€che Laden Ein live. „Eine wahnsinnig tolle Erfahrung – trotz 95-Stunden-Woche“, berichtet Julian Wessing. „Wir konnten sehr wichtige Erfahrungen sammeln.“ Auch die GĂ€ste waren von den asiatischen und lateinamerikanischen Gerichten sehr angetan und haben viel Interesse daran, in Zukunft zur Gestaltung der Speisekarte befragt zu werden.

Köche bringen Ideen ein

„Wir haben 10-12 interessante Street Food-KĂŒchen identifiziert, aber das ist natĂŒrlich beliebig erweiterbar. GrundsĂ€tzlich können wir jede Art von KĂŒche umsetzen“, so Wessing. „Wir arbeiten mit Profi-Köchen, die haben Neues in der Regel sehr schnell drauf. „Und anders als bei vielen anderen Systemgastronomen, wo die KreativitĂ€t der Köche oft stark eingeschrĂ€nkt ist, weil alles nach Standards gekocht wird, bieten wir unseren Mitarbeitern viel Abwechslung und Raum fĂŒr eigene Ideen.“ Auch die Lieferanten haben bereits Zustimmung signalisiert, auch kurzfristig benötigte Zutaten schnell organisieren zu können.

Anders als im Laden Ein soll 80 Days in Zukunft Tischservice anbieten. „FĂŒr eilige GĂ€ste, die nicht warten wollen, werden wir aber auch die Möglichkeit von Push-Benachrichtigungen integrieren: Sie können ihr Essen dann schnell selbst an der Theke abholen, verzehren oder mitnehmen“, erklĂ€rt Kevin Kessler. „Mit unserer digitalen Ausrichtung möchten wir uns ganz klar von anderen Systemgastronomen absetzen.“

Strategischer Investor gesucht!

FĂŒr den Bau des ersten Restaurants und die Weiterentwicklung des Konzepts suchen Wessing und Kessler nun einen Partner, der auch fachliche UnterstĂŒtzung bietet. 1,1 Mio. € möchten sie gerne haben, davon allein 700.000 fĂŒr den Pilot-Standort. „DafĂŒr bieten wir natĂŒrlich mehr Sicherheit als andere Investments, machen vom ersten Tag an Umsatz. Leider gibt es in der deutschen Gastronomie bisher relativ wenige Investoren, die auch strategisch denken und uns mit ihrer Erfahrung weiterhelfen können.“ Interessenten wĂŒrden die GrĂŒnder gerne beweisen, dass sie motiviert und fĂ€hig sind, ihre neuartige Idee auch in die Tat umzusetzen und groß zu machen. „Wir wetten, dass wir es schaffen und brauchen jemanden, der die Wette annimmt!“ Â