Liebevoll und gleichzeitig sparsam ist das Gimme Gelato in Berlin-Charlottenburg eingerichtet. Blickfang ist die gläserne Eismanufaktur im rückwärtigen Bereich.
„Tastes like not Otter“ steht mit Kreide gemalt neben der Eingangstür der Eisdiele Gimme Gelato in Berlin-Charlottenburg. Otter? Oder doch ein Schreibfehler? Nein, der Otter ist das liebenswerte Maskottchen, das sich in dem im Juni eröffneten Café überall wiederfindet und den Eisfreunden den Weg zu den frostigen Spezialitäten aus dem Eislabor im hinteren Teil weist. Ralf Sander, ehemals Manager bei Coca-Cola und zwischenzeitlich Expansionsleiter bei der Enchilada-Gruppe, hat sich hier in der Nähe des Sophie-Charlotte-Platz seinen Traum vom eigenen Eiskonzept erfüllt.
Und der war wirklich lang gehegt. Des Konzernlebens überdrüssig, nahm sich Sander vor ein paar Jahren eine Auszeit und belegte – „rein aus Spaß“ – ein Wochenendseminar für Eismacher. Das erste selbstgemachte Erdbeereis war die Initialzündung für seinen Plan: Das mache ich zum Beruf! Er absolvierte eine Ausbildung zum Eismacher an der Gelato University von Carpigiani in Bologna, lernte das Eismachen von der Pike auf – und alle die vielfältigen Möglichkeiten, die das Produkt jenseits von Fertigmischungen bietet. „Ich war der einzige Deutsche im Kurs“, erzählt Sander. „Die Teilnehmer kamen aus aller Welt – nur nicht aus Italien.“ Anschließend bastelte und feilte er parallel zu seiner Tätigkeit bei Enchilada am Konzept.
Die täglich frischen Sorten werden an der Wand angezeigt. Demnächst auch per Webcam.
Kinderfreundlichkeit gehört für Eisdielen zum Pflichtprogramm. Gimme Gelato ist beliebt bei Familien.
Und auch an die vierbeinigen Gäste wurde gedacht.
Eismacher-Kurs bei Carpigiani in Bologna
Sander nutzte die in Bologna geschlossenen Freundschaften, um in den Betrieben der Kurs-Kollegen sein Wissen über das Geschäft mit dem Eis weiter zu vertiefen. In seinem Kopf reifte derweil die Idee für die eigene Marke: „Eine Kursteilnehmerin aus Amerika postete ein Foto an ihre Freunde und einer schrieb zurück: Gimme some Gelato! Das fand ich griffig und orginell.“ Während der Arbeit am Logo verabschiedete man sich vom Wörtchen ‚Some‘ und ‚Gimme Gelato‘ war geboren.
Nun konnte es losgehen. Anfang 2018 verließ Sander die Enchilada-Gruppe, im Gepäck ein Rezeptbuch mit selbst entwickelten Eissorten, jede Menge Gründerenergie und Begeisterung für sein Produkt. „Eine Umfrage hat ergeben, dass 75 % der Deutschen am liebsten Eis aus Eisdielen essen. Gleichzeitig steht Industrieeis für 80 % der Umsätze“, sagt Sander. „Da gibt es also noch ein riesiges Potenzial. Ich möchte eine ganz neue Gelato-Kultur in Deutschland etablieren.“
Wie die Scooping-Sorten stellt Sander auch das Eis am Stiel täglich frisch im eigenen Labor her. Die Kunden haben die Auswahl aus verschiedenen Formen und – teilweise veganen – Geschmacksrichtungen.
Angesichts des Super-Sommers fast ein wenig zu spät waren die Umbauarbeiten in der ehemaligen Boutique in einem Eckhaus abgeschlossen und Gimme Gelato ging bei Höchsttemperaturen und bestem Eiswetter an den Start. Der Thresen ist zweigeteilt: Vorne fällt der Blick der Kunden sofort auf eine Range selbstgemachten Eis am Stiels – in kreativen Formaten wie Hundepfoten oder Schokoladentafeln. Kostenpunkt: 1,90 €, mit Schoko-Überzug 2,90 €, selbstverständlich sind auch vegane Varianten im Angebot – wir sind schließlich in Berlin.
16 Sorten frisch aus dem Eislabor
Dahinter – der Otter zeigt es an – folgt das Scoop-Sortiment mit maximal 16 frisch im Eislabor hergestellten Sorten, darunter beispielsweise Basilikum-Minze, Erdnuss-Karamell-Schoko oder Banane-Kiwi. Sander legt größten Wert auf hochklassige Zutaten. „Welche Sorten wir machen, hängt wesentlich davon ab, welches Obst wir in welcher Qualität bekommen.“ Jetzt, wo der Herbst letztendlich doch begonnen hat, rücken außerdem ‚warme‘ Wintersorten wir Zimt-Orange oder Sachertorte in den Fokus. Ein Scoop (70 g) kostet 1,60 €, zwei sind für 3 € zu haben, wer drei schafft, zahlt 4,40 €. Außerdem im Angebot: frisch gemixte Shakes, Softeis und natürlich Kaffeespezialitäten. Im Winter will Sander unter anderem Waffeln backen und Konfiserie offerieren.
Konsequent verzichtet Gimme Gelato auf Verpackungen: Statt Eisbechern gibt es für den Vor-Ort-Verzehr Weckgläser, die Trinkhalme sind aus Glas, man speist buchstäblich von ‚goldenen‘ Löffeln. Demnächst möchte Sander auch die Eiswaffeln selbst backen. Von der Theke aus haben die Kunden besten Blick auf das gläserne Eislabor. Zwei Pasteurisier- und zwei Eismaschinen verknüpfen hier traditionelles Handwerk mit modernster Technik. Jeden Morgen von 8 Uhr an wird gewerkelt. Nicht nur das Eis, auch Kuchen und Karamell stammen aus eigener Produktion. Um 12 Uhr öffnen sich dann die Türen des Cafés mit rund 15 Sitzgelegenheiten. Mehr Platz bietet die Terrasse, hier stehen rund 30 Plätze zur Verfügung.
Zugucken ausdrücklich erwünscht! Das Eislabor ist so ausgestattet, dass die Eismacher immer im Blickfeld der Gäste sind.
Der putzige Otter ist als Maskottchen von Gimme Gelato allgegenwärtig. Foto: Gimme Gelato.
Wachstum rund um den Schornstein
„Wir möchten ein Treffpunkt für die Nachbarschaft werden“, sagt Sander. ‚Rund um den Schornstein‘ im Umkreis von 50 km soll die Marke mit dem Otter außerdem auf Events und bei Caterings präsent sein – entweder per Gelato-Bike oder per Anhänger/Truck. „Wir schauen uns aber genau an, wo wir mitmachen“, betont Sander. „Gimme Gelato soll sich im Premium-Segment positionieren.“ Ansonsten hat er es mit dem Wachstum nicht so eilig. „Wir hatten einen prima Start, der Sommer war phantastisch. Jetzt gilt es, ein tragfähiges Wintersortiment auf die Beine zu stellen.“
Und vielleicht ist der Otter ja auch bald nah bei seinen Artgenossen …. es heißt, die Mall Bikini Berlin am Zoo sei interessiert an einem Gimme Gelato-Pop-up-Store ….
Früher Coca-Cola-Manager, heute Eismacher mit eigener Manufaktur in Berlin: Ralf Sander. Foto: Privat
Mehr Bilder von Gimme Gelato gibt es hier.
Barbara Schindler entdeckte schon früh ihre Lust am Schreiben. Mit 16 stand für sie fest: Ich will das Geschichtenerzählen zum Beruf machen, werde Journalistin. Mit einem Studium der Musikwissenschaft, Anglistik und Romanistik orientierte sie sich in Richtung Feuilleton, landete dann aber nach einigen Umwegen beim Fachjournalismus mit Schwerpunkt Gastronomie. Seither berichtet sie – zunächst als festangestellte Redakteurin bei der Fachzeitschrift Food-Service, seit Sommer 2018 freiberuflich – über alle Aspekte der Branche. Barbara Schindler ist verheiratet und lebt in Frankfurt am Main.