Marcel Vogler vom Investor Freigeist erklärte bei der Future of Food Conference, wie man Startups einen Platz im Supermarktregal verschafft. Foto: Future of Food/Chris Marxen.
Wie und was essen wir morgen? Diese Frage stand im Mittelpunkt der dritten ‚Future of Food Conference‘ die der Verlag Vertical Media und die Agentur Ignore Gravity gemeinsam in Berlin ausrichteten. Außerdem: Themen wie die Digitalisierung der Branche, neue Wege in der Agrarwirtschaft und alternative Proteinquellen.

„Egal, welchen Nachhaltigkeits- oder gesundheitlichen Vorteil ein Produkt bietet – der Geschmack ist und bleibt für den Verbraucher das wesentliche Kriterium!“ In dieser Einschätzung waren sich die Protagonisten auf der Bühne im Berline Kunstgewerbemuseum einig. Dabei ist der Trend zu mehr Bewusstsein für die Folgen unseres Konsums, sowohl für die eigene Gesundheit wie auch für die Umwelt und Gesellschaft, nicht mehr wegzudiskutieren. „Bio und vegan sind keine Nischen mehr, sondern zunehmend auf dem Weg in den Massenmarkt“, stellte Steffen Kellner, Managing Partner bei Ignore Gravity, vorab fest. „Hinzu kommt das Bedürnfnis nach Convenience – jederzeit und überall.“

Startups sind schnell und flexibel

Wie es Startups trotz der Übermacht der fünf großen Lebensmittelhändler in Deutschland gelingen kann, ihre Produkte im Supermarkt zu platzieren, erklärte Marcel Vogler, Junior Partner beim Finanzinvestor ‚Freigeist‚, der unter anderem an sieben Food-Startups beteiligt ist. „Händler und Industrie verstehen sich momentan immer schlechter. Der Vorteil des jungen Unternehmen ist ihre Flexibilität. Wenn Kaufland beispielsweise Unilever-Produkte auslistet, wird Regalfläche frei. Wer schnell ist, kann die Lücke füllen und hat einen Fuß in der Tür.“ Ein weiteres Plus von Startups sei, dass sie alle über eine spannende Gründerstory verfügen, die erzählt werden sollte. Freigeist arbeitet zurzeit bevorzugt mit Micro-Influencern mit bis zu 10.000 Followern. „Diese Strategie ist sehr erfolgreich“, so Vogler.

 

Ob Food-Startups den stationären Handel überhaupt brauchen, darüber diskutierten Online-Händler Jens Drubel (AllyouneedFresh), Clément Tischer (Metro/NX Food) und Chanyu Xu, Gründerin des Startups ONO Labs, mit Moderator Max Thinius, wobei Chanyu Xu die schlechten Margen für Startup-Produkte im LEH beklagte. „Man darf uns nicht behandeln wie die Großindustrie.“ Clément Tischer gab dagegen zu bedenken, dass es rein über den Online-Handel schwierig sei, eine breite Zielgruppe zu erreichen. Man müsse unterscheiden zwischen funktionalen Produkten, die auch online ihre Käufer finden, und emotionalen, deren Vermarktung im Handel mit seinen Möglichkeiten, sie auch in die Hand zu nehmen, besser gelinge. „Auch für uns geht es darum, spannende, nicht austauschbare Produkte im Regal zu haben“, betonte Drubel.

Proteine aus Insekten und Pilzen

Wie die Zustellung auf der letzten Meile dank ausgeklügelter Logistik funktionieren kann, das erklärte Katharina Pellmann von DHL. Das Unternehmen sieht sich inzwischen als Lebensmittelunternehmer und hat sich auf den wachsenden Markt des Frischeversands eingestellt.

Spannend die Diskussion um künstlich hergestelltes Fleisch und Indoor-Farming, wie es das Unternehmen Infarm inzwischen weltweit praktiziert. Radek Husek und Mazen Rizk erforschen und produzieren derweil alternative Proteinquellen aus Heuschrecken und Pilzen, um die umweltverträglichere Nahrungsmittelproduktion für bald mehr als 10 Milliarden Menschen sicherzustellen. Auch hier lautete das einhellige Fazit: Schmecken muss es, sonst zählen weder Nachhaltigkeit, noch Gesundheitsnutzen. Es müsse mehr Forschung und Initiativen geben, um schmackhafte Nahrungsmittel aus ungewöhnlichen Quellen zu entwickeln und für die Menschheit verfügbar zu machen.

Umdenken in der Landwirtschaft

Ein Umdenken forderte zum Abschluss auch Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, Landwirt und Vorstandsvorsitzender des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft in einem packenden Vortrag. Er machte ganz klar: So wie die Landwirtschaft heute praktiziert wird, kann es nicht weitergehen. „Wir können mit dem Wandel nicht warten, bis auch der letzte Verbraucher bereit ist, für Bio mehr Geld zu bezahlen!“

Zahlreiche Food-Startups präsentierten den Teilnehmern der Konferenz ihre zukunftsweisenden Produkte. Foto: Future of Food/Chris Marxen
Netzwerken und das Kennenlernen neuer Produkte standen in den Konferenzpausen im Vordergrund. Foto: Future of Food/Chris Marxen.