Michael Kuriat ist ein Macher. Keiner von der lauten Sorte, eher zurückhaltend, aber zur Stelle, wenn es etwas zu tun gibt. Ein Mann mit Ideen, dem Spirit und der nötigen Energie, um Projekte voranzubringen. Im Frühjahr 2021 heißt das für den 48-Jährigen: Konzepte für Corona-Schnelltests zu entwickeln, mit denen die Gastro-, Hotel- und Eventbranche zügig wieder arbeiten kann. „Ich spüre eine riesengroße Triebkraft, Dinge zu ermöglichen“, sagt der Unternehmer. „Wir können nicht immer nur abwarten, bis wir irgendwann wieder öffnen dürfen, sondern müssen selbst der Politik und den Behörden Impulse und Lösungen präsentieren.“
Hintergrund dieses Engagements ist ein ziemlich einzigartiger beruflicher Werdegang: Kuriat ist nicht nur Mitbetreiber und Gesellschafter verschiedener Clubs, Restaurants und Event-Locations in Leipzig und Umgebung, außerdem Inhaber einer Fullservice-Marketing- und Event-Agentur, sondern auch studierter Mediziner. „Als solcher habe ich eine etwas andere Sicht auf die Corona-Situation als viele andere Gastronomen. Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust“, sagt der zweifache Vater.
Medizin zum Beruf machen
Aufgewachsen am bayrischen Ammersee, schmiss er schon als Schüler große Partys mit seinen Freunden und organisierte Busreisen in die österreichischen Skigebiete. An seinem 18. Geburtstag meldete er stolz sein erstes Gewerbe an. Manch anderer wäre damit mehr als ausgelastet, aber Michi, wie ihn bis heute alle nennen, hatte noch eine zweite Leidenschaft: Während der ehrenamtlichen Arbeit im Rettungsdienst entdeckte er seine Liebe zur Medizin. Die wollte er zu seinem Beruf machen.
Lust, Menschen eine gute Zeit zu bereiten
Statt wie gewünscht nach München führte ihn die Studienplatzvergabe nach Leipzig – Mitte der 90er ein aufregender Ort im Um- und Aufbruch: Genau der richtige Platz für einen jungen, kreativen Kopf mit einer unbändigen Lust darauf, Menschen eine gute Zeit zu bereiten. Kuriat blieb und gestaltete mit, zunächst mit legendären Uni-Partys, bei denen regelmäßig mehr als 1.500 Studenten feierten, von 1998 an mit dem „Nachtcafé“, das bis heute die Leipziger Club-Szene prägt. Kultstatus erreiche der Laden dank einer Kooperation mit dem Sender Radio NRJ, der mehrmals die Woche Partys live aus dem Club übertrug, sodass nicht nur Gäste aus ganz Sachsen, sondern auch angesagte internationale DJs unbedingt dabei sein wollten. „Wir hatten eine unglaubliche Zeit“, erinnert sich Kuriat an seine Zwanziger, in denen er nicht selten morgens vom Dancefloor direkt in den Hörsaal fuhr. Mit dem Krankenhausdienst zum zweiten Staatsexamen passte das aber nicht mehr zusammen. Kuriat musste sich entscheiden: Medizin oder sein florierendes Unternehmen?
„Wir sind in der einzigartigen Lage, vieles in unseren eigenen Läden ausprobieren zu können – an einem jungen Publikum, das digitalen Tools sehr aufgeschlossen gegenübersteht.“
Gespür für das, was funktioniert
Die Leidenschaft für das Unternehmersein gab schließlich den Ausschlag. Mit seinem Geschäftspartner Steffen Wendler eröffnete er in den folgenden Jahren verschiedene Gastronomien in Leipzig, darunter die Milchbar, den Dinner Club Chocolate und das Beach-Restaurant Hacienda am Cospudener See, startete die erfolgreiche Leipziger After Work-Party-Reihe und kreierte das Bettrestaurant Sol y Mar als Markengastronomie mit dem Versuch der Multiplikation. Die angeschlossene Veranstaltungsfirma Mice & Nice organisiert unter der Leitung von Alexander Gaube hochwertige Events für Geschäftskunden, Public Viewings und Festivals.
Wichtige Zutaten zu Kuriats unternehmerischem Erfolgsrezept sind neben seinem Ideenreichtum sein Talent, Netzwerke zu knüpfen, die richtigen Teams zusammenzustellen und ein außergewöhnliches Gespür für „das, was funktioniert“. Nicht nur konzeptionell, sondern auch beim Marketing gingen er und seine Geschäftspartner häufig neue Wege. Das bemerkten auch andere Unternehmer in Leipzig und baten um Rat und Expertise. So entwickelten Kuriat und seine Mitstreiter 2003 für Burger King das Konzept „Friends and Fire“, um die Leipziger Restaurants der Marke wochentags zu später Stunde mit Gästen zu füllen. Die Idee: Ein Radiosender sendete jeden Abend eine interaktive Talkshow aus einem der Restaurants, bei der die Gäste vor Ort mitdiskutieren und sich Songs wünschen konnten. Der Erfolg war gigantisch: Manchmal tauchten hunderte Menschen in einer Montagnacht vor einer Burger King-Filiale auf, das Konzept wurde später in zahlreichen Städten ausgerollt.
Ruf als Marketing-Profi
Dieses und andere Projekte verhalfen Kuriat in Leipzig und darüber hinaus zum Ruf als Marketing-Profi. Um der wachsenden Nachfrage zu begegnen, gründete er unter anderem mit Anja Herzog die Fullservice-Agentur TNC Production, die heute für ein breites Spektrum an Kunden aus der Gastronomie und den unterschiedlichsten Branchen tätig ist.
Das Club-Restaurant „Chocolate“ gehört zu den Anlaufpunkten in Leipzigs Ausgehmeile Barfußgässchen.
Die TNC Group bündelt das umfangreiche Unternehmensportfolio, das Kuriat mit seinen Weggefährten aufgebaut hat. „Bei den Dingen, die wir tun, geht es immer darum, Erlebnisse zu schaffen und Innovationen voranzubringen“, fasst der Unternehmer, der sich längst auch als gefragter Redner zum Thema Marketing und Digitalisierung in der Gastro-Branche einen Namen gemacht hat, den roten Faden seiner vielfältigen Aktivitäten zusammen und betont: „Das alles ist nicht allein mein Werk: Ohne verlässliche Partnerschaften und Team Work wäre all das nicht möglich.“ Gemeinsam mit der Doktorandin Katharina Blöcher (Uni Leipzig) entwirft er in einem Think Tank Szenarien für die Digitalisierung in der Gastronomie. „Wir sind in der einzigartigen Lage, vieles in unseren eigenen Läden ausprobieren zu können – an einem jungen Publikum, das digitalen Tools sehr aufgeschlossen gegenübersteht.“
Leaders Club als Herzensangelegenheit
Als leidenschaftlicher Netzwerker kam Kuriat beinahe zwangsläufig in Kontakt mit dem Leaders Club. Die spontane Sympathie beruhte auf Gegenseitigkeit. „Die Philosophie, dass sich Kollegen ehrlich auf Augenhöhe austauschen, ihr Wissen und ihre Erfahrungen teilen, um sich gegenseitig zu unterstützen und die Branche als Ganzes voranzubringen, hat mich von Anfang an fasziniert. Hier stehen Menschen im Mittelpunkt und nicht Unternehmen, Positionen oder Produkte.“ Kuriat machte auch hier mit – zunächst als Vorstand für Marketing und Kommunikation, seit 2016 als Präsident. Für ihn eine echte Herzensangelegenheit: „Im Leaders Club wird Leidenschaft für Gastronomie wirklich gelebt. Die dabei entstehenden tiefen Freundschaften geben mir viel Energie und Antrieb für mein unternehmerisches Leben!“
„Die Philosophie des Leaders Clubs, dass sich Kollegen ehrlich auf Augenhöhe austauschen, ihr Wissen und ihre Erfahrungen teilen, um sich gegenseitig zu unterstützen und die Branche als Ganzes voranzubringen, hat mich von Anfang an fasziniert. Hier stehen Menschen im Mittelpunkt und nicht Unternehmen, Positionen oder Produkte.“
Seit 2010 wohnt Kuriat mit seiner Familie – seiner wichtigsten Kraftquelle – wieder am Ammersee, hat einen zweiten Agenturstandort in München aufgebaut, zeichnet dort mittlerweile für das Marketing der Enchilada-Gruppe verantwortlich. Die Medizin hat ihn nie ganz losgelassen und so wurde er früh hellhörig, als Anfang 2020 die Rede von einem neuen Virus in China aufkam. Nur 10 Kilometer vom Ammersee entfernt gab es bei Webasto den ersten deutschen Fall. Michael Kuriat las sich ein, verfolgte die Nachrichten und befürchtete: Da kommt etwas auf uns zu. „Man hat mir Paranoia attestiert, als ich schon im März mit einer medizinischen Maske herumgelaufen bin.“
Kampf für das Überleben der Gastronomie
Natürlich litten auch seine Gastronomie-Betriebe unter dem wenig später verhängten Lockdown. Das gutgebuchte Jahr als Redner – komplett abgesagt. Doch Schockstarre und Michael Kuriat, das passt einfach nicht zusammen. Mit dem Leaders Club ging er in die Kommunikationsoffensive, kämpft seither gemeinsam mit den Kollegen mit Aktionen wie den „Leeren Stühlen“, dem MUTMACHA!-Award oder der Kampagne „Dein dritter Ort“ an vorderster Front für das Überleben der Gastronomie. Dabei bemüht er sich um Optimismus, obwohl ihm die Entwicklungen und Perspektiven Sorgen bereiten.
Testzentrum im Restaurant Chocolate
Statt auf vermeintlich Schuldige zu schimpfen, macht Kuriat sich Gedanken, wie sich Infektionen verhindern und Restaurants sicher betreiben lassen. Die Lösung: testen, testen und nochmals testen. „Warum sollen die Leute nicht zusammenkommen können, wenn klar ist, dass sie nicht ansteckend sind?“, fragt er als Mediziner und Gastronom. Um das Thema Testen voranzubringen, recherchiert er, gründet ein Joint Venture mit einem Studienkollegen, spricht mit Labors und nutzt seine Kontakte, um zuverlässige Schnelltests zu besorgen. Kurz vor Weihnachten eröffnet in seinem Restaurant Chocolate ein Testzentrum – und wird überrannt. „Inzwischen testen wir für viele Firmen, Hotels und den Mitteldeutschen Rundfunk. Parallel arbeiten wir mit unserem Team an Lösungen, die es negativ Getesteten ermöglichen sollen, 48 Stunden lang Gastronomie und Veranstaltungen zu besuchen.“
Partys feiern Michael Kuriat und seine Geschäftspartner mit ihren Gästen immer noch gerne – zum Beispiel im Strandclub Hacienda am Cospudener See bei Leipzig.
Sprachrohr für die Vielfalt der Branche
Mit einem mobilen Luftfiltergerät und ausreichend Corona-Tests ermöglicht Michael Kuriat inzwischen die sichere Durchführung auch größerer Meetings. Auf diese Weise hofft er, dass der Leaders Club es im Spätsommer 2021 zum 20. Geburtstag richtig krachen kann: „Der Club hat sich in der Corona-Zeit enorm weiterentwickelt zu einem wichtigen Sprachrohr, das die Gastronomie in ihrer Vielfalt in diesen Tagen dringend braucht. Wir haben – neben vielen anderen – einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass Politik und Gesellschaft verstanden haben, dass es nicht nur darum geht, ob das Restaurant an der Ecke oder der Club von diesem oder dem nächsten Betreiber geführt wird. Sondern es geht um Menschen und Schicksale. Auch in Zukunft wollen wir mit aller Kraft für die Branche da sein – und das Jubiläum hoffentlich ohne große Einschränkungen durch Corona ordentlich feiern!“ In der Krise den Kopf in den Sand stecken sollen andere. Michi Kuriat macht.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift Fizzz.
Alle Fotos: TNC Group
Barbara Schindler entdeckte schon früh ihre Lust am Schreiben. Mit 16 stand für sie fest: Ich will das Geschichtenerzählen zum Beruf machen, werde Journalistin. Mit einem Studium der Musikwissenschaft, Anglistik und Romanistik orientierte sie sich in Richtung Feuilleton, landete dann aber nach einigen Umwegen beim Fachjournalismus mit Schwerpunkt Gastronomie. Seither berichtet sie – zunächst als festangestellte Redakteurin bei der Fachzeitschrift Food-Service, seit Sommer 2018 freiberuflich – über alle Aspekte der Branche. Barbara Schindler ist verheiratet und lebt in Frankfurt am Main.