Ich war kürzlich zwei Wochen in Griechenland unterwegs. Beruflich, abseits der Touristenhochburgen. Mein Auftrag: Besuche lokaler Produzenten von Lebensmitteln – Olivenöl, Wein, Käse, Joghurt, Tee sogar ein buchstäblich ‚heilbringendes‘ Aloe Vera-Getränk wurde mir präsentiert. Natürlich – die Griechen sind ausgesprochen großzügige Menschen – wurde ich auch zum Essen eingeladen. Und traf auf eine griechische Küche, die ich bisher so nicht kannte.

Schon gar nicht aus den üblichen griechischen Restaurants in Deutschland: vielseitig, qualitativ hochwertig, dabei überwiegend leicht, ehrlich und gesund. Kurz: eine Küche, die mehr kann als Gyros und Moussaka. Die in vielerlei Hinsicht im Trend liegt. Und doch ein Schattendasein führt unter den Ethno-Küchen. Und ich fragte mich: Warum eigentlich? Und: Kann man das nicht ändern?

Was haben wir nicht für Ethnoküchen in der deutschen Gastronomie-Szene: Italienisch – längst kein Trend mehr, sondern domestiziert. Sushi & Co. – Alltag für viele, mittlerweile ganz selbstverständlich ergänzt durch andere asiatische Spezialitäten wie japanische Ramen, vietnamesische Pho, thailändische Currys, indisches Chicken Teriyaki und inzwischen sogar koreanisches Bulgogi. Schauen wir nach Westen, finden sich amerikanische Burger, mexikanische Burritos und peruanische Ceviche auf den Speisekarten der In-Restaurants. Und seit Neuestem hawaiianische Poké!

Wo ist der trendige Grieche?

Aber in welchem In-Viertel einer deutschen Großstadt gibt es einen angesagten Griechen? Im Urlaub, ja, da strömen die Deutschen nach Hellas. Vier Millionen sollen es dieses Jahr sein. Und natürlich gibt es ja viele griechische Restaurants hierzulande, aber leider hat man oftmals das Gefühl, sie finden den Weg nicht zu einer zeitgemäßen Neu-Interpretation ihrer Küchentradition, die so viel bietet, das den Nerv heutiger Verbraucher trifft.

Dabei gilt gutes Olivenöl mit hohem Gehalt an gesundheitsfördernden Phenolen in Griechenland mittlerweile als Superfood. Was ebenfalls viel zu wenig beachtet wird, ist die Meze-Tradition, die sich eben nicht nur in der levantinischen Küche findet, sondern genauso in der griechischen. Fingerfood zum Teilen, gemeinsam von einem Teller essen, viele Kleinigkeiten probieren und dabei ins Gespräch kommen – diese Art zu essen, machen nahöstliche Konzepte wie beispielsweise NENI doch gerade in Deutschland populär, aus spanischen Tapas-Konzepten kennt man es ohnehin längst.

Ouzo plus Meze

Vermutlich haben sich die griechischen Gastronomen, die in den 70er und 80er Jahren ihre Heimat verließen und nach Deutschland kamen, einfach zu sehr an den hiesigen Geschmack angepasst: Statt Sharing-Portionen bekamen die wenig flexiblen Gäste wie gewohnt ihre eigenen Teller mit einer großen Portion Fleisch – und zum Nachtisch einen Billig-Ouzo.

Den trinkt man übrigens in Griechenland vorweg zu den Meze und nicht als Digestif, so viel Besserwisserei muss an dieser Stelle erlaubt sein. Und es gibt ihn auch in hochwertig. Allerdings muss der preissensible Deutsche dafür ein bisschen tiefer in die Tasche greifen, als er es gemeinhin gewohnt ist. Übrigens hat auch der viel besungene griechische Wein in den vergangenen 15 Jahren dank junger, (im Ausland) gut ausgebildeter Winzer einen beachtlichen Qualitätssprung hingelegt. Doch auf welcher anspruchsvollen Weinkarte eines deutschen Restaurants findet man Assyrtiko oder Malagouzia?

Hartnäckig gegen die Krise

Spricht man mit griechischen Lebensmittelherstellern, werden drei Dinge deutlich: Sie produzieren ihre Öle, Weine usw. mit unglaublich viel Herzblut. Und gerade deshalb sind sie oft enttäuscht, wenn die Kunden im reichen Deutschland nicht bereit sind, einen angemessenen Preis dafür zu bezahlen. Dennoch: Sie trotzen der (längst nicht überstandenen) Krise mit bewundernswerter Hartnäckigkeit, setzen dabei fast schon verzweifelt auf den Export, denn der Heimatmarkt macht es ihnen nach wie vor schwer.

Vorbild: The Real Greek

Wie wäre es, wenn ein deutscher Gastronom (oder vielleicht einer mit griechischer Abstammung?) mal ein modern-griechisches Konzept entwickeln würde, das sich zur Multiplikation eignet? Nicht immer nur Italienisch, Spanisch, Japanisch. Oder den x-ten Burger. Wie das funktionieren kann, zeigt beispielsweise The Real Greek in Großbritannien oder Eat Greek im Mittleren Osten.

Die griechische Küche, die ich vor Ort erlebt habe, hat viel Potenzial, die trendhungrigen deutschen Großstädter zu begeistern. Es braucht eine moderne Casual-Dining-Version und – das sei zugegeben – einiges an Marketing, um das verstaubte Image abzuschütteln. Von mir aus auch mit einem Hellas-Burger…. Yammas!