Die viermonatige Winterpause ohne Umsätze war gerade vorbei und Ralf Sander, Betreiber der Eis-Manufaktur Gimme Gelato in Berlin-Charlottenburg bereit, in seiner zweiten richtigen Saison durchzustarten. Dann kam das Corona-Virus. Und mit ihm ein Berg neuer, völlig unerwarteter Herausforderungen, denen sich der Gründer von einem Tag auf den anderen stellen musste. Denn eines war für ihn von Anfang an klar: Kampflos würde er sich dem Virus nicht ergeben. Praktikable Alternativen zum normalen Ladenverkauf und Vor-Ort-Verzehr mussten her!

„Am Anfang standen die Kunden noch völlig ratlos vor unserem Laden, wenn wir ihnen erklärt haben, dass wir jetzt nur noch Eis in Mitnahmeverpackungen verkaufen“, erinnert sich Sander an die ersten Tage Mitte März, als das öffentliche Leben und auch seine Eismanufaktur plötzlich wegen der Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus heruntergefahren wurden. „Manche fragten: Wieso denn das? Und ich habe geantwortet: Haben Sie in den letzten Tagen mal Zeitung gelesen?“

Gimme Gelato
Gimme Gelato
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Hygiene ist für Eismacher selbstverständlich

Inzwischen hat sich das ganze Land an den Shutdown gewöhnt, werden erste Regelungen sogar schon wieder gelockert. Die Gastronomie – und mit ihr Gimme Gelato – wartet aber weiterhin auf den Starttermin für die Wiedereröffnung. Ralf Sander hat sich mit der Situation arrangiert: „Zunächst einmal war und ist das Thema Hygiene für uns keine Herausforderung. Als Eismanufaktur arbeiten wir nach strengsten Hygienestandards.“ Zusätzlich stattete er seine ca. 12 Mitarbeiter mit Mundnasen-Masken aus, räumte die Außenbestuhlung weg und stellte das Konzept mit einer kurzfristig installieren Kiosklösung auf Take-away um.

„Das klingt zwar nach Rettung, aber der Lockdown bedeutete für uns zunächst einmal einen wirtschaftlichen Totalschaden“, sagt Sander. „Wir hatten für unsere mobilen Verkaufseinheiten unter anderem einen Vertrag mit der Domäne Dahlem über die ganze Saison, sollten auf der Internorga präsent sein ebenso wie bei allen Caterings von Cookies Events, waren außerdem für diverse Caterings, Großveranstaltungen, Firmenevents und Hochzeiten gebucht …. Und dann war plötzlich alles auf Null. Und natürlich gab es nach der Winterpause überhaupt keinen Puffer mehr“, erzählt der Gastronom, der sich 2018 seinen Traum vom eigenen Eiskonzept erfüllte.

Gimme Gelato
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Kindern eine Freude machen

Eine Woche lang grübelte Sander, wie er mit der Situation umgehen sollte: „Das Coole ist ja, dass man jetzt relativ schnell Dinge ausprobieren kann, für die man sonst vielleicht keine Zeit hat“. Aus Gimme Gelato wurde kurzerhand Bringme Gelato: „Wir sind froh, dazu beitragen zu können, dass es bei uns im Kiez noch ein bisschen kulinarische Vielfalt gibt und vor allem den Kindern, die auf so vieles verzichten müssen, mit unserem Eis ein wenig Freude zu machen.“

Gimme Gelato
Eismacher Ralf Sander und sein Team haben den Verkauf bei Gimme Gelato für die Dauer des Corona Shutdowns auf verpacktes Eis umgestellt. Fotos: Gimme Gelato

Zu Gute kam Sander, dass er schon vor Corona geplant hatte, einen Lieferservice einzurichten und sein Eis in Take-away-Becher abzufüllen. „Dadurch waren wir schnell startklar.“ Sander launchte die ohnehin fast fertig Website, entwickelte mit einem App-Partner in Rekordzeit eine digitale Speisekarte für die Bestellung via Smartphone und zimmerte eine Durchreiche für die Ladentür, durch die die Kunden nun ihr frisch vor Ort hergestelltes Eis sortenrein im 400 ml-Becher für 7,50 € oder als Dreierpack Popsicles (Eis am Stiel) bekommen. 100% kontakt- und ausschließlich bargeldlos über Kreditkarte, Apple Pay oder Paypal.

Extra-kaltes Eis für den Transport

Damit das Eis das Zuhause des Kunden in gefrorenem Zustand erreicht, wird es in der Manufaktur nun kälter als gewöhnlich bei -25 Grad aufbewahrt. „Die Serviertemperatur liegt bei 16 Grad“, erklärt Sander. „Da wir für den Transport HACCP-konforme Thermoboxen nutzen, ist das sowohl für Abholer als auch für Lieferkunden gar kein Problem.“ Im Gegenteil, die starke Kühlung hat sogar den Vorteil, dass kein Kunde sein Eis sofort vor Ort verzehren kann, denn das wäre gegen die geltende Rechtslage. Bis sich das Produkt die für den Verzehr nötigen ca. 10 Grad erwärmt hat, vergeht etwa eine halbe Stunde. „Sonst hätten wir bei schönem Wetter schnell 100 Leute vor dem Laden stehen“, befürchtet Sander.

Das reduzierte Team hat mit dem Take-away-Verkauf alle Hände voll zu tun. „Wir haben die Prozesse so umorganisiert, dass jeweils nur ein Mitarbeiter vorne die Kunden bedient“, berichtet Sander. Würde das Eis normal portioniert, bräuchte er 2-3 Leute hinter dem Counter. Nach wie vor herrscht viel Erklärungsbedarf. „Es kommen immer noch Menschen und bestellen eine Kugel Eis im Hörnchen. Wir erklären freundlich, dass wir uns proaktiv dafür entschieden haben, das Eis nur bereits abgefüllt abzugeben, um das Infektionsrisiko für unsere Kunden und Mitarbeiter möglichst gering zu halten. Ich will nicht dazu beitragen, dass die Regeln für Eisanbieter verschärft werden“, sagt Sander. Dabei gilt: Alles ist so lange verfügbar, wie der Vorrat reicht.

GIMME GELATO

Sicherheit steht an erster Stelle

Im Großen und Ganzen ist Sander – auch dank des schönen Wetters im April – zufrieden mit dem Take-away-Geschäft. „Manch Kunde, erstaunlicherweise oft Vertreter der sogenannten Risikogruppe, diskutiert noch ein bisschen. Die schicken wir dann zur Eisdiele um die Ecke. Aber die meisten akzeptieren unser Konzept.“ Der Unternehmer will das Geschäft so fortsetzen, bis die Corona-Lage sich entspannt hat.

Gimme Gelato

In Kürze soll nun endlich auch das Delivery-Geschäft über den eigenen Webshop anlaufen. Zwei Fahrräder werden im Einsatz sein, zunächst in den Stadtteilen Charlottenburg und Wilmersdorf. Eine App hilft bei der Routenplanung. „Ich bin mir sicher, dass wir daraus viel für unser zukünftiges Liefer- und Eventgeschäft lernen können“, ist Sander optimistisch. Lernschritte sieht er übrigens auch bei seinen Kunden: „Die Toleranz, was mögliche Wartezeiten angeht, und die Akzeptanz von bargeldlosem Bezahlen sind deutlich gestiegen. Am liebsten würde ich nach der Krise gar nicht mehr zurück zum Bargeld gehen.“

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