Führte vor Corona noch der Fachkräftemangel viele Listen der größten Herausforderungen für die Branche an, werden in der Krise die Karten auf dem gastronomischen Arbeitsmarkt neu gemischt. In Zeiten von Shutdown und Kurzarbeit gilt es, talentierte Mitarbeiter mit allen Mitteln zu halten. Gleichzeitig bietet die Krise auch die Möglichkeit, Teams neu aufzustellen: zum Beispiel sich von Mitarbeitern zu trennen, denen es an Loyalität und Engagement mangelt. Oder aber neue Kräfte an Bord zu holen, die möglicherweise an anderer Stelle ihren Arbeitsplatz wegen der Schließung von Betrieben verloren haben. Ein Thema, das auch unter diesen veränderten Vorzeichen bleibt, ist das Onboarding: Wie rekrutiere und integriere ich gute Leute in die bestehende Mannschaft, damit sie langfristig bleiben – auch, wenn das Arbeitsplatzangebot nach der Krise möglicherweise wieder größer wird? Wir haben mit verschiedenen Gastronomen über ihre Strategien gesprochen. Teil 1: Mitchell & Butlers/Alex

Die Recruiting-Abteilung von Mitchells & Butlers, Betreiber von gut 40 Alex-Restaurants in ganz Deutschland, hat sich schon vor Corona ganz neu aufgestellt, um das Finden und Binden von Fachkräften noch professioneller anzugehen als bisher. Unter anderem wurde eine neue Mitarbeiterin eingestellt, die sich exklusiv um das Thema kümmert. Jörg Rataj, Direktor Recht und Personal bei Mitchells & Butlers, erklärt: „Wir möchten in Zukunft (potentielle) Bewerber noch schneller und auf einer noch persönlicheren Ebene ansprechen. Das heißt: Wer die Initiative ergreift und bei uns anruft, um sich zu bewerben, hat jetzt eine konkrete Ansprechpartnerin, die Fragen beantwortet.“

One-Click-Lösung für Digital Natives

Ziel ist, die Reaktionszeit auf eine Bewerbung zu minimieren und den gesamten Bewerbungsvorgang zu verschlanken. „Wir haben es mit einer Generation zu tun, die sich über das Smartphone nach Job-Möglichkeiten erkundigt. Um sie nicht abzuschrecken, haben wir auf der Website eine One-Click-Lösung geschaffen, bei der Zeugnisse etc. zunächst keine Rolle spielen. Diese Unterlagen erhalten wir ohnehin spätestens dann, wenn es zu einem Gespräch kommt“, erklärt Rataj.

Alex
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Bewerber sind begehrt und werden deshalb bei Alex fast wie Gäste behandelt. „Wichtig ist, dass wir sie nicht lange warten lassen, sondern schnell unsere Botschaft übermitteln: Wir sind Alex und das können wir für dich tun.“ Dazu müssen Interessierte auf der Website nur ihre persönlichen (Kontakt-)Daten eintragen. „Wir rufen dann so schnell wie möglich an oder schreiben eine E-Mail – wenn der oder die Bewerberin nicht gleich selbst zum Telefon greift und sich unter der zentralen Bewerberhotline am Hauptsitz in Wiesbaden meldet.“ Das niederschwellige Angebot greift, die Zahl der Bewerber hat sich deutlich erhöht. „Wer in der Gastro arbeitet, will schnell wissen, ob es klappt“, so Rataj. „Komplizierte Prozesse schrecken da nur ab.“

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Jörg Rataj, Direktor Recht und Personal bei Mitchells & Butlers. Alle Fotos: Mitchells & Butlers

Sich Zeit nehmen für spontane Bewerber

Viele Mitarbeiter kommen auch direkt im Restaurant vorbei – manchmal sogar spät am Abend. Wenn der Betrieb es erlaubt, nehmen sich die Betriebs- oder Schichtleiter Zeit für ein Gespräch. „Die Branche tickt einfach anders als andere, in denen ein Bewerbungsverfahren manchmal Wochen dauert. Dem müssen wir uns anpassen. Leute wegzuschicken, ist tödlich.“

Der Wettbewerb um talentierte Mitarbeiter ist groß, weiß Rataj, es gilt, jederzeit schnell und verbindlich zu sein. „Wer bei uns länger als eine halbe Stunde warten muss, bis sich jemand Zeit für ihn nimmt, der geht zum nächsten Restaurant nebenan und fragt dort nach einem Job.“ Alex arbeitet darüber hinaus mit diversen Stellenbörsen zusammen, um mit Bewerbern in Kontakt zu treten. 

Über Alex/Mitchells & Butlers

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Mitchells & Butlers plc. wurde 1898 gegründet. Der führende Betreiber von Pubs und Restaurants in Großbritan­nien (rund 1.700 Outlets, u.a. Marken wie All Bar One, Miller & Carter, Vintage Inn, Toby Carvery) verzeichnete 2019 (zum 28.9.) einen Umsatz in Höhe von 2,24 Mrd. Pfund (2,15 i. Vj.). 1999 wurde die deutsche Alex-Gruppe übernommen und seither kontinuierlich ausgebaut. Für das Management des Freizeitgastronomie-Konzeptes zeichnet die Mitchells & Butlers Germany GmbH, Wiesbaden (Geschäftsführer: Bernd Riegger), verantwortlich, unter deren Ägide auch das „Brasserie“- und das neue „Miller & Carter Steakhouse“-Konzept betrieben werden. Sie erwirtschaf­tete 2019 (z. 31.12.) mit mehr als 2.300 Mitarbeitern einen Umsatz in Höhe von 125,8 Mio. Euro (113,2 i. Vj). Unter den umsatzstärksten Freizeitgastronomie-Unternehmen im Segment der deutschen Systemgastronomie belegt Mit­chells & Butlers seit 2004 einen der ersten drei Plätze.

Im Februar 2020 wurde das Unternehmen vom Wirtschaftsmagazin Focus mit der Auszeich­nung „Höchste Fairness im Job“ zum Branchensieger im Segment Gastronomie gekürt.

Alex Academy

Mitarbeitergewinnung und -bindung stehen bei Mitchells & Butlers auf der Unternehmensagenda ganz weit oben. Aus- und Weiterbildung in der unternehmenseigenen Karriereschmiede spielen dabei eine wesentliche Rolle. Die Ende 2001 gegründete ACADEMY, die ihr Schulungsprogramm im voll umfänglich modernisierten und erweiterten Légère Hotel Wiesbaden-Taunusstein ausrichtet, fördert Karrierewünsche der rund 2.300 Mitarbeiter – kostenlos und ohne Bindungspflicht ans Unternehmen. Für das Seminarjahr 2019/2020 beinhaltet die 44-seitige Broschüre 18 unterschiedliche Kurse, die von 12 Trainern an 40 verschiedenen Terminen gehalten werden.

Neues Kursangebot „Führung und Diversität“

Jüngster Kursneuzugang für Führungskräfte ab Betriebsleiterebene ist das Thema „Führung und Diversität“, das Mitte März 2020 erstmals angeboten wird. Bernd Riegger: „Vor dem Hintergrund, dass rund 30 Prozent aller MaBG-Mitarbeiter eine ausländische Staatsangehörigkeit oder einen Migrationshintergrund haben, ist Diversity Management ein hochaktuelles Thema für uns.“

Naturgemäß gibt es in der Gastronomie sehr vielfältige Backgrounds bei den Mitarbeitern. Hier treffen viele Generationen, unterschiedliche Wertemuster und kulturelle Orientierungen aufeinander. Natürlich bleiben Konfrontationen da nicht aus. Sei es, dass die reaktionären Ideen eines jungen Azubis beim erfahrenen Betriebsleiter auf Unverständnis stoßen, religiöse Feiertage bei der Dienstplangestaltung unwissentlich nicht beachtet wurden oder die sexuelle Orientierung von Gästen und Mitarbeitern bei Kollegen mit einem anderen kulturellen Hintergrund zu Irritationen führen. Um im Arbeitsalltag mit altersgemischten und interkulturellen Teams eine höhere Kompetenz zu erlangen, wurde das neue Schulungsthema unter dem Motto „Vielfalt nutzen – Synergien schaffen“ entwickelt und umfasst auch einen Baustein „Wie tickt die Generation Z“. Seminarziel ist die Akzeptanz von Unterschieden und das Erkennen individueller Stärken und Fähigkeiten im Team, um dadurch eine höhere Arbeitszufriedenheit zu generieren und damit letztendlich den Unternehmenserfolg zu sichern.

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Jeder Mitarbeiter – egal ob Aushilfe, Azubi, Neu- und Quereinsteiger oder Festangestellter – kann an den kostenlosen, interaktiv gestalteten Kursen (inkl. Übernachtung) teilnehmen und wird dafür freigestellt. Von der Prüfungsvorbereitung für Auszubildende bis hin zu Angeboten für Köche oder Weiterbildungen für angehende Schicht- und Betriebsleiter (z.B. Mitarbeiterführung, Warenwirtschaft, Zeitmanagement, Arbeitsschutz, Resilienz-Training) ist das Kursangebot breit gefächert und wächst immer weiter. Besonders umfangreich wurde das Modul der dualen Management-Ausbildung für Nachwuchsführungskräfte gestaltet.

Die Schulungen bilden unter anderem die Basis für die Ausbildung des mittleren Managements hin zur Betriebsleitung. Somit ist MaBG in der glücklichen Lage, den Bedarf an neuen Restaurantleitern und Stellvertretern aus den eigenen Reihen decken zu können.

Regelmäßiges Feedback ist Standard

Sind sich beide Seiten einig, kommt der stetig weiterentwickelte Alex-Einarbeitungsleitfaden zum Einsatz. Darin: allgemeine Informationen zu Sicherheit und Hygiene, ergänzt durch fachliches Wissen, das viele der ungelernten Kräfte naturgemäß nicht mitbringen. Viel Lernstoff bieten die umfangreichen Speise- und Getränkekarten. „Hier werden neue Mitarbeiter sukzessive herangeführt“, erklärt Rataj. In größeren Betrieben wird ihnen für die Einarbeitung ein fester Kollege zur Seite gestellt, in den kleineren gibt es zumindest einen Ansprechpartner für Fragen. Auch regelmäßige Feedback-Gespräche sind während der Probezeit bei Alex Standard. Jeder Neuzugang erhält per Post außerdem eine Willkommensbroschüre mit einem Grußwort von Geschäftsführer Bernd Riegger, in der alle Möglichkeiten und Perspektiven, die das Unternehmen bietet, zusammengefasst sind.

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Jeden dort abholen wo er oder sie steht

Wie lange der Onboarding-Prozess dauert, hängt von den Vorkenntnissen und der Stundenzahl des Mitarbeiters ab. Während mancher mit Erfahrungen in der Systemgastronomie nur noch die Alex-spezifischen Produkte lernen muss, beginnen andere mit dem richtigen Tragen eines Tabletts und der hygienisch einwandfreien Reinigung eines Tisches. „Wir holen jeden auf seinem persönlichen Level ab. Aber nach sechs Monaten erwarten wir, dass er oder sie alle wichtigen Kenntnisse für seinen Arbeitsplatz erworben hat.“

Der strukturiertere Einarbeitungsprozess erhöht die Zufriedenheit der Alex-Mitarbeiter, so Rataj. „Die Mitarbeiter wissen einfach besser, was in der jeweiligen Situation zu tun ist und fühlen sich daher wohler.“ Wer einige Zeit im Unternehmen ist und Lust auf Karriere hat, dem stehen in der Alex Academy verschiedene Weiterbildungsprogramme offen.

„Spätestens dort merken die Mitarbeiter im persönlichen Unterricht und Training, dass sie uns am Herzen liegen und wir uns um sie kümmern. Sie bekommen sehr viel Input und Unterstützung. Unser Ziel ist eine nachhaltige Personalentwicklung, bei der die Mitarbeiter möglichst lange im Unternehmen bleiben.“

Auf Wünsche eingehen

„Gastronomie ist meistens harte Arbeit“, betont Rataj, „deshalb sollen unsere Leute als Minimum das Gefühl haben, dass ihr Arbeitgeber sie fair behandelt.“ Das zahlt sich aus: „Unsere größte Recruiting-Quelle sind unsere eigenen Mitarbeiter.“ Trotzdem ist und bleibt die Mitarbeitersuche auch für Alex eine Herausforderung: „Man muss sich täglich neu bemühen und auf die Bedürfnisse der jungen Generation, zum Beispiel bei der Berücksichtigung ihrer Wünsche im Schichtplan, eingehen. Das war bei Alex immer schon so und schafft eine positive Stimmung!“

Alex

Onboarding trotz Corona

Trotz Corona finden sich übrigens auch jetzt zahlreiche Job-Angebote auf der Alex-Website. „Grund ist der übliche Mehrbedarf zur Terrassensaison, der in diesem Jahr sogar noch größer ist, weil viele Städte zurzeit mehr Flächen für die Außengastronomie bereit stellen“, erklärt Rataj. Die Zahl der Bewerber ist ebenfalls höher als sonst: „Viele Gastro-Mitarbeiter haben wahrgenommen, dass Alex relativ stabil durch die Krise gekommen ist und wir niemanden entlassen mussten. In unsicheren Zeiten macht uns das mehr denn je zu einem attraktiven Arbeitgeber.“